Richard Strauss Arabella Lyrics
Libretto: Arabella
Personen:
GRAF THEODOR WALDNER, Rittmeister a.D. (Bass)
ADELAIDE, seine Frau (Mezzosopran)
ARABELLA, ihre ältere Tochter (Sopran)
ZDENKA, ihre jüngere Tochter (Sopran)
MANDRYKA (Bariton)
MATTEO, Jägeroffizier (Tenor)
GRAF ELEMER, Verehrer der Arabella (Tenor)
GRAF DOMINIK, Verehrer der Arabella (Bass)
GRAF LAMORAL, Verehrer der Arabella (Bass)
DIE FIAKERMILLI (Sopran)
EINE KARTENAUFSCHLÄGERIN (Sopran)
WELKO, Leibhusar des Mandryka (Sprechrolle)
DJURA und JANKEL, Diener des Mandryka (Sprechrollen)
EIN ZIMMMERKELLNER (Sprechrolle)
BEGLEITERIN der Arabella (stumme Rolle)
DREI SPIELER (Bass)
EIN ARZT (stumme Rolle)
GROOM (stumme Rolle)
CHOR
Fiaker; Ballgäste; Hotelgäste; Kellner
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ERSTER AUFZUG
Salon in einem Wiener Stadthotel. Flügeltür in der Mitte. Rechts vorne ein Fenster, weiter rückwärts eine Tür. Links gleichfalls eine Tür. Der Salon ist reich und neu möbliert im Geschmack der 1860er Jahre.
Adelaide mit der Kartenaufschlägerin an einem Tisch links. Zdenka in Knabenkleidern, rechts, beschäftigt auf einem andern Tischchen Papiere zu ordnen
KARTENAUFSCHLÄGERIN
Die Karten fallen besser als das letzte Mal.
ADELAIDE
Das gebe Gott!
Es klopft
Nur keine Störung jetzt!
ZDENKA
läuft an die Mitteltür. Man gibt ihr von draussen etwas herein
Mein Vater ist nicht hier, die Mutter hat Migräne!
Kommen Sie später. - Es ist wieder eine Rechnung!
ADELAIDE
abwinkend
Jetzt nicht! leg sie dorthin!
ZDENKA
Es liegen schon so viele da.
ADELAIDE
Still, still! - Wie liegen unsre Karten?
Die Sorge und die Ungeduld verzehren mich!
KARTENAUFSCHLÄGERIN
über die Karten gebeugt
Beruhigen Sie sich. Die Erbschaft rückt schon näher - nur langsam!
ADELAIDE
mit gerungenen Händen
Nein, wir können nicht mehr warten!
Es - gibt nur eine Hoffnung
die baldige Vermählung meiner Arabella!
Was sagen Ihre Karten, liebste Frau!
KARTENAUFSCHLÄGERIN
Sie zeigen alles wie in einem Spiegel:
Den Vater seh ich, Ihren Herrn Gemahl -
o weh, die Sorge steht ihm nah -ganz finster ist's um ihn.
Er kämpft, er spielt - o weh, und er verspielt schon wieder
die grosse Summe.
ADELAIDE
Heilige Mutter Gottes!
Komm mir zu Hilfe durch mein schönes Kind!
Um Gottes Willen, die Verlobung - ist sie nah?
Unser Credit ist sehr im w___en, liebste Frau!
KARTENAUFSCHLÄGERIN
betrachtet lange die Karten
Da steht der Officier.
ADELAIDE
Ein Officier? o weh!
ZDENKA
vor sich
Matteo!
KARTENAUFSCHLÄGERIN
Nein! der ist der Eigentliche nicht!
ADELAIDE
Das will ich hoffen!
KARTENAUFSCHLÄGERIN
Von dort herüber kommt der fremde Herr, der Bräutigam.
ADELAIDE
Die Brosche mit Smaragden ist Ihr Eigentum
wenn Ihre Prophezeiung Wahrheit wird,
in dieser Woche!
KARTENAUFSCHLAGERIN
langsam, wie das Schicksalsbuch entziffernd
Er kommt von weiter her. Ein Brief hat ihn gerufen.
ADELAIDE
Von weiter her? Es ist Graf Elerner, kein Zweifel!
KARTENAUFSCHLÄGERIN
Ich sehe einen grossen Wald: dort kommt er her.
ADELAIDE
Das ist er! Elemer! o wie Sie ihn beschreiben!
Herrlich! - Doch warum zögert er?
KARTENAUFSCHLÄGERIN
Die Zögerung kommt von ihr.
ADELAIDE
jubelnd
Sie sehen durch die Menschen wie durch Glas!
Das ist ihr namenloser Stolz. 0 Gott, erweiche ihren Stolz!
Er ist so gross wie ihre Schönheit.
Es klopft. Zdenka eilt an die Tür
ZDENKA
Nein, jetzt ist es ganz unmöglich!
Sie empfängt wieder eine Rechnung, die sie hinlegt
ADELAIDE
Was meinen Sie? was runzeln Sie die Stirn?
KARTENAUFSCHLÄGERIN
über die Karten sinnend
Es drängt sich wer hinein
zwischen die schöne Tochter und den reichen Herrn!
ADELAIDE
Heilige Mutter Gottes, lass es nicht geschehen!
KARTENAUFSCHLÄGERIN
über die Karten gebeugt Wie? haben Euer Gnaden eine zweite Tochter?
Das war mir nicht bekannt. Oh, das wird eine ernstliche Gefahr!
ADELAIDE
leise
Leise! Sie rühren hier an ein Familiengeheimnis!
Zdenka rechts, horcht herüber
KARTENAUFSCHLÄGERIN
Wo kommt das zweite Mädchen da auf einmal her?
Sie bringt das Unheil über ihre Schwester!
ADELAIDE
Um Himmelswillen, leise!
KARTENAUFSCHLÄGERIN
über den Karten
Halten Sie die Schwestern auseinander!
Sonst geht noch alles fehl!
ADELAIDE
dicht bei ihr
Was ist es, das Sie sehen?
KARTENAUFSCHLÄGERIN
Ich sehe einen grossen Streit - Entzweiung
Der Bräutigam will fort!
Es fallen fürchterliche Worte! fremde Leute hören zu!
ADELAIDE
Du grosser Gott im Himmel!
KARTENAUFSCHLÄGERIN
Alles Übel
kommt von der kleinen Blonden und dem Officier.
ADELAIDE
kniet neben dem Tisch nieder
Ihr Engelscharen droben, hört das Flehen einer Mutter
in ihrer Herzensangst!
ZDENKA
ängstlich
Mama!
ADELAIDE
Zdenka! bleib still und kümmre dich um nichts was hier geschieht!
Auf, leise; auf Zdenka deutend
Leise! sie ist es!
KARTENAUFSCHLÄGERIN
Dort der junge Herr?
ADELAIDE
Sie ist ein Mädchen. Weil sie wild war wie ein Bub
hat man sie weiterhin als Buben laufen lassen.
Wir sind nicht reich genug, in dieser Stadt
zwei Mädchen standeswürdig auszuführen. -
Allein sie liebt die ältre Schwester über alle Massen
wie könnte sie ihr Böses tun?
KARTENAUFSCHLÄGERIN
Die Karten lügen nicht.
Da steht der Officier. Da steht das blonde Mädchen.
Gezogne Säbel seh ich, und der Bräutigam zieht sich zurück.
Die Karten warnen Sie!
ADELAIDE
steht auf
Sie sind mein guter Engel!
Hier in mein Zimmer! Sie versuchen es noch einmal!
KARTENAUFSCHLÄGERIN
Die Karten nehmen nichts zurück.
ADELAIDE
Schnell, schnell! Ich fleh Sie an.
Zieht sie ins Nebenzimmer rechts
ZDENKA
nimmt die Rechnungen zur Hand, die sich angehäuft haben, sieht hinein
Sie wollen alle Geld! Sie drohn mit den Gerichten!
Was? davon weiss ja ich gar nichts: sie schreiben:
sie haben schon gehört dass wir verreisen wollen!
Oh! dann ist alles aus!
Dann seh ich ihn nie mehr!
Sie läuft in ihrer Angst an die Tür links und horcht
Sie sagt: der Arabella droht etwas -
von einem Officier.
Er darf nicht mehr ins Haus, sagt die Mama,
sie wird compromittiert von ihm.
Nicht mehr ins Haus? O Gott - dann bringt er sich ja um -
und alle wissen drum: es ist wegen ihr -
und sie - dann endlich weiss sie, wie er sie geliebt hat 11
Geht weg von der Tür
Mein Gott, lass das nicht zu, dass wir verreisen müssen!
Lass den Papa gewinnen! Lass in Goerz die Tante sterben!
Mach dass die Bella den Matteo über alles liebt
und dass er glücklich wird, und dass wir nicht mehr arm sind!
Aufopfern will ich mich dafür - mein Leben lang
in Bubenkleidern laufen und Verzicht auf alles tun!
Es klopft. Sie geht an die Mitteltür. Indem wird die Tür von aussen vorsichtig aufgemacht und Matteo tritt ein, in Jägeruniform, die Kappe in der Hand, aber ohne Säbel
ZDENKA
erblasst
Matteo!
MATTEO
Zdenko! du! Bist du allein?
ZDENKA
leise, ängstlich
Da drin ist die Mama.
MATTE0
Und Arabella?
ZDENKA
Sie ist spazieren auf dem Ring mit der Begleiterin.
MATTEO
einen Schritt näher
Und nichts für mich? Kein Wort? kein Brief?
Zdenka schüttelt traurig den Kopf
Und gestern abend?
ZDENKA
War sie in der Oper
mit der Mama.
MATTEO
eifersüchtig
Mit der Mama allein?
ZDENKA
zögernd
Ich glaub mit der Mama und den drei Grafen.
MATTEO
Und nachmittag?
ZDENKA
zögernd, ängstlich
Sie kommen mit Schlitten und holen sie ab -
ich soll auch mit: ein Chaperon muss doch dabei sein.
MATTEO
tief getroffen
Dahin ist es gekommen zwischen mir und ihr!
Hätt ich nicht dich, ich wüsste nicht einmal mehr was sie tut!
Sie hat nichts mehr für mich als hie und da
einen halb finstern halb zerstreuten Blick!
ZDENKA
Und doch hat sie dich lieb! Glaub mir! Ich weiss es, ich!
MATTEO
aufleuchtend
Zdenko, mein einziger Freund! du weisst's? Sie hat es dir gestanden?
ZDENKA
Du weisst: sie ist verschlossen wie das Grab,
mit Worten sagt sie's nicht.
Ich weiss es halt - und hat sie dir nicht vor drei Tagen
den Brief geschrieben, über den du selig warst?
MATTEO
O dreimal selig - wie vom Himmel war der Brief!
Dann aber geht sie wieder kalt und fremd an mir vorbei!Wie soll ich das begreifen - und ertragen, Zdenko - wie?
ZDENKA
leise, wichtig
So ist ein Mädel. Geben will ein Mädel mehr und mehr -
nur zeigen will sie nichts. Sie schämt sich halt so furchtbar.
MATTEO
Wie du das weisst, du lieber Bub!
So weisst du auch -
er fasst Zdenka am Arm, sie macht sich sogleich los
- was das für Stunden sind
und was da für Gedanken Herrschaft haben über mich
wenn sie so durch mich durchschaut wie durch leere Luft -
und du mir nicht ein Zeichen bringst
von dem ich wieder hoffen kann und leben!
ZDENKA
hastig
Gewiss. Ich bring dir wieder einen solchen Brief
heut oder morgen!
MATTEO
drängend
Heute noch! Du bist mein einziger Freund!
Gib mir dein Manneswort - auf dich verlass ich mich!
Und wenn ich mich auf dich nicht mehr verlassen könnte,
dann käme etwas andres!
ZDENKA
angstvoll
Was? was käme dann, Matteo?
MATTEO
sehr finster
Dann stünd ich morgen beim Rapport und bäte um Versetzung nach Galizien.
Und wenn mir das nichts hilft und ich auch dort
die Arabella nicht vergessen kann -
dann gibts halt einen Ausweg: den Revolver.
ZDENKA
Mein Gott im Himmel!
MATTEO
Denk daran, wie du mir hilfst!
Er eilt weg
ZDENKA
fast sinnlos vor Aufregung und Angst zwischen so vielen Gefahren und Schwierigkeiten
Ihm helfen - o mein Gott! Und mir, wer hilft denn mir!
Die Wörter hätt ich wohl in mir für hundert solche Briefe -
und auch die Schrift die treff' ich ja im Schlaf -
was aber hilft ihm denn der Brief, wenn ich für sie
die zärtlichen verliebten Wörter schreibe!
Die Wörter muss ich finden die ins Herz ihr gehn
dass sie erkennt den Einzigen der es verdient von ihr geliebt zu sein -
Das ist das Schwerere und wenn 's mir nicht gelingt - hab ich verspielt.
ARABELLA
ist von rechts eingetreten, in Hut, Schleier und Pelzjacke, hinter ihr die Begleiterin
Ich danke, Fräulein. Holen Sie mich morgen um die gleiche Zeit,
für heute brauch ich sie nicht mehr. Adieu.
Begleiterin geht ab
ARABELLA
legt den Hut und die Jacke ab. Sie sieht die Rosen, die auf einem Guéridon stehen
Die schönen Rosen! Hat die ein Husar gebracht?
Sie nimmt die Rosen
ZDENKA
Wie? ein Husar?
ARABELLA
Der Leibhusar von einem fremden Reisenden!
ZDENKA
Nein. Sie sind von Matteo.
Arabella legt die Rosen schnell weg - Zdenka tut sie wieder in die Vase
ZDENKA
sanft
So gehst du mit seinen Blumen um!
Und trotzdem bringt er neue jeden Tag.
ARABELLA
kurz
Ah, lass ! - Und dort das andere Bukett?
ZDENKA
Vom Elemer.
Und da Parfum vom Dominik, und Spitzen
vom Lamoral.
ARABELLA
spöttisch
Die drei! Verlumpen Geld zu dritt, verlieben sich zu dritt ins gleiche Mädel -
am End verloben sie sich auch noch alle drei mit mir!
ZDENKA
Nichts wert sind sie - und etwas wert ist nur der eine - d e r!
Sie hält ihr Matteos Rosen entgegen
ARABELLA
Ah, lass! Die drei sind l___iger und haben mehr in sich.
ZDENKA
vorwurfsvoll
Kannst du das sagen! Mehr in sich als der Matteo!
Er liebt dich doch aus seiner ganzen Seele,
aus seinem ganzen Herzen -
ARABELLA
spöttisch
und aus allen seinen Kräften!
Nur sind die Kräfte halt nicht gross!
ZDENKA
heftig
Versündig dich nur nicht! Du hast ihn lieb gehabt!
ARABELLA
Vielleicht !
Gehabt! So ists vorbei: du sagst es selbst.
ZDENKA
Gib acht dass er dich das aussprechen hört!
Es wär sein Tod.
ARABELLA
leichthin
Mannsbilder sterben nicht so schnell!
ZDENKA
heftiger
Es wär sein Tod! anbeten tut er dich!
ARABELLA
sieht sie an
Zdenkerl, du hast schon ganz den exaltierten Ton von der Mama!
Pass auf auf dich!
ZDENKA
Weils mir das Herz umdreht, wie ich ihn leiden seh!
ARABELLA
ohne sie anzusehen
Bist du verliebt in ihn?
ZDENKA
stampft auf
Sein Freund bin ich!
Sein einziger Freund auf dieser Welt!
ARABELLA
sieht sie wieder aufmerksam an
Zdenkerl, in dir steckt was Gefährliches seit letzter Zeit.
Mir scheint, Zeit wärs, dass du ein Mädel wirst
vor aller Welt und dass die Maskerad ein End hat.
ZDENKA
Ich bleib ein Bub bis an mein End. Ich will nicht eine Frau sein -
so eine wie du bist. Stolz und coquett, und kalt dabei!
ARABELLA
Du, du! Mir scheint es ist sogar die höchste Zeit!
ZDENKA
heftig
Zeit wärs dass du das einzige Herz, das deiner wert ist,
nicht unter deine Füsse trittst!
ARABELLA
sehr ernst
Er ist der Richtige nicht für mich!
Er ist kein ganzer Mann. Ich könnt mich halt vor ihm nicht fürchten.
Wer das nicht ist, der hat bei mir verspielt!
ZDENKA
Wie eine Hexe redest du!
ARABELLA
sie hat sich gesetzt
Ich red im Ernst, ich red die Wahrheit jetzt zu dir!
Ich kann ja nicht dafür, dass ich so bin.
Ein Mann wird mir gar schnell recht viel
und wieder schnell ist er schon gar nichts mehr für mich!
Da drin im Kopf geschiehts, und schnell, ich weiss nicht wie!
Es fangt zu fragen an, und auf die Fragen
find ich die Antwort nicht, bei Tag und nicht bei Nacht.
Ganz ohne meinen Willen dreht sich dann mein Herz
und dreht sich los von ihm. Ich kann ja nichts dafür -
aber der Richtige - wenn's einen gibt für mich auf dieser Welt -
der wird auf einmal dastehen, da vor mir
und wird mich anschaun und ich ihn
und keine Zweifel werden sein und keine Fragen
und selig werd ich sein und ihm gehorsam wie ein Kind.
ZDENKA
nach einer kleinen Pause, sie liebevoll ansehend
Ich weiss nicht wie du bist, ich weiss nicht ob du Recht hast -
dazu hab ich dich viel zu lieb! Ich will nur dass du glücklich wirst -
mit einem der's verdient! und helfen will ich dir dazu.
Noch inniger, mehr für sich, und zugleich mit Arabella
So hat ja die Prophetin es gesehn:
sie ganz im Licht und ich hinab ins Dunkel.
Sie ist so schön und lieb, - ich werde gehn
und noch im Gehn werd ich dich segnen, meine Schwester.
ARABELLA
für sich und zugleich mit Zdenka
Der Richtige, wenn's einen gibt für mich,
der wird mich anschaun und ich ihn
und keine Zweifel werden sein und keine Fragen,
und selig werd ich sein und ihm gehorsam wie ein Kind!
Man hört die Glöckchen eines Schlittens
ZDENKA
Das ist der Schlitten vom Elemer. Ich kenn die Schellen.
ARABELLA
wieder ganz leicht und munter
Und hinter ihm kommt dann der Dominik gefahren
und hinter dem der Lamoral. So treiben sie's.
Und ich - ich treib's halt mit - weil halt nur einmal Fasching ist.
ZDENKA
Nein: heute kommt der Elemer allein.
Das ist so zwischen ihnen abgemacht.
Freust du dich? Nein! Er kann der Richtige nicht sein!
Nein, nein, das darf nicht sein!
ARABELLA
Ich weiss ja nicht!
Ein Mann, das ist er wohl. Vielleicht zu viel ein Mann.
Ein wilder zorniger Mann - kann sein, ich muss ihn nehmen!
Sie steht nachdenklich
ZDENKA
Mein Gott, dann bringt sich der Matteo um -
visionär
Ich klopf an seine Tür, er gibt nicht Antwort.
Ich werf mich über ihn - ich küss zum ersten Mal
seine eiskalten Lippen! dann ist alles aus.
ARABELLA
für sich, ohne auf Zdenka zu achten
Kann sein, ich muss. Es wird mir schon ein Zeichen kommen!
Heut abend ist der Fasching aus. Heut abend muss ich mich entscheiden.
Zdenkerl, was schaust du denn so traurig drein?
Ich weiss ja doch., die Eltern zittern drauf
mich los zu sein. Und ich, ich kann doch nicht
wenn mich nicht alles stosst und drängt und hinwirft zu dem einen!
Siehst du - da war ein fremder Mensch heut vormittag -
sie geht gegen das Fenster
wie ich hier aus dem Haus gegangen bin,
dort drüben war er, an der Ecke, gross, in einem Reisepelz,
und hinter ihm ein Leibhusar - ein Fremder halt
aus Ungarn oder aus der Wallachei...
Der hat mich angeschaut mit grossen ernsten festen Augen,
dann hat er was gesagt zu seinem Diener.
Ich hätt geschworen drauf, dass er mir Blumen schickt.
Blumen von dem, das wäre heute mehr für mich als alles!
Die täte ich mir in mein Zimmer nehmen
und wenn ich heimkäm in der Nacht vom Ball
fänd ich sie wieder, und ich liess sie nicht verblühn -
als bis er selber käme! Lass mich nur
das sind so Phantasien -
schau mich doch nicht so ängstlich an!
ZDENKA
reisst die Rosen von Matteo aus der Vase, hält sie ihr leidenschaftlich hin
Nimm die! sie kommen von dem treuesten Menschen auf der Welt!
Nimm sie zu dir, ganz nah zu dir, nimm keine anderen als die!
Ich fühls: dein und mein Schicksal hängt daran!
Die Glöckchen des Schlittens stärker
ARABELLA
verwundert
Was hast du denn? Was ist denn los mit dir?
ZDENKA
Sei still! da kommt der Elemer.
Die Mitteltür geht auf, Elemer steht in der Tür, wirft den Pelz ab, den er umhängen hat, ein Groom fängt den Pelz auf, schliesst von aussen die Tür. Zdenka ist schnell und leise rechts abgegangen
ARABELLA
So triumphierend treten Sie herein?
ELEMER
Heut ist mein Tag! so haben wir gelost.
Anspannen lassen hab ich meine Russen
denn heute darf ich Sie in meinem Schlitten führen,
und abends dann auf dem Fiakerball
bin ich Ihr Herr!
Arabella runzelt die Stirn
Ich meine: ich Ihr erster Knecht
denn Sie sind immerdar die Königin!
ARABELLA
Ihr habt um mich gelost! Ihr seid mir schon die Rechten!
ELEMER
Ja, einer von uns dreien muss es sein, den Sie erwählen!
So ist's beschlossen und beschworen unter uns.
ARABELLA
Ah? einer von euch dreien muss es sein?
Und ich? ich bin die Sclavin über die ihr schon das Los geworfen habt?
In welchem Krieg habt ihr mich denn erbeutet wenn ich fragen darf?
ELEMER
Zum Preis hat Sie sich selber eingesetzt
mit Ihren Blicken hat Sie uns gefordert, Ihr zu stehn:
Ein Mädchenblick ist stark und gibt und nimmt -
und er verheisst noch mehr!
ARABELLA
für sich
Mit wie ganz andern Augen hat mich heute einer angeschaut!
Sie sieht ihn fest an
Ja, - Sie verlangen - und Sie wollen - und Sie lieben auch - vielleicht!
ELEMER
Vielleicht? Das Wort da wagen Sie zu sagen -
mir nach diesen Wochen -?
Er packt sie zornig beim Handgelenk
ARABELLA
sie macht sich los und geht ein paar Schritte von ihm weg
Ich aber habe meinen Stolz und könnte Vieles nicht verzeihn!
Und eine Fessel tragen will ich nicht!
ELEMER
Ihr Stolz verlangt nur eines: sich zu schmiegen unter eine Manneshand!
ARABELLA
Verlangt er das? Dann sollt ich zornig sein auf euch
dass ihr mir jetzt den Hof macht einen Fasching lang -
und immer noch habt ihr mir nicht das Herz erlöst
von diesem Stolz - und habt mir noch nichts Besseres geschenkt -
und immer bin ich noch die Gleiche die ich war,
und dieses einzige bittersüsse Glück
das einem Mädel bleibt, das kost ich aus: versteckt
und in der Schwebe sein, und keinem ganz sich geben!
und zögern noch und noch -
Vielleicht wird aber bald was Andres kommen, Elemer.
Mit einem süssen Lächeln
Wer weiss - vielleicht sehr bald, vielleicht noch diese Nacht!
ELEMER
Das Andere wird kommen in der Stunde
die ich herab vom Himmel flehe, Bella -
wo Sie abwerfen diese feigen zaudernden Bedenken
und das sein wollen was Sie sind, das herrlichste Geschöpf
geschaffen Seligkeit zu bringen über mich, allein auf dieser Welt!
Hören Sie meine Pferde? Wie sie stampfen
und ihre Glocken schütteln? Wie sie läuten:
Du willst ja! Komm! dann sausen wir mit dir dahin!
Nachdenken ist der Tod! im Nicht-bedenken liegt das Glück!
ARABELLA
Sind es die Russen? schütteln sie sich schon vor Ungeduld?
Ja, ja! Ich will. Heut ist doch Faschingdienstag
und heut um Mitternacht ist alles aus.
Die Hauptallee hinunter - dass der Atem mir vergeht. -
Aber der Zdenko fahrt mit uns.
ELEMER
zornig, unglücklich
Kein Wort,
kein Wort soll ich zu Ihnen reden dürfen?
In mir sind Worte, brennende, für Sie allein bestimmt!
und sonst für keines Menschen Ohr!
ARABELLA
bestimmt
Der Bub kommt mit.
ELEMER
Sie Grausame!
ARABELLA
In einer halben Stunde bin ich unten
mit ihm. Solange müssen sich die Russen gedulden!
Ihn verabschiedend
Auf Wiedersehn!
ELEMER
Sie sind ein angebetetes Geschöpf
ein unbegreifliches! ein grausames! entzückendes!
Er geht
ZDENKA
tritt rechts herein
Hast du ihn fortgeschickt?
ARABELLA
Wir fahren aus mit ihm. Schnell zieh dich an.
Im Schlitten.
ZDENKA
Dazu brauchst du mich?
RABELLA
Ja, dazu brauch ich dich.
Der Schlitten unten lebhafter
Schau doch die schönen Rappen, wie sie ungeduldig sind. -
Mit plötzlich veränderter Stimme rufend
Zdenka!
ZDENKA
Was ist denn? was erschrickst du so?
ARABELLA
Er! das ist er! er! mein Fremder! da! dort drüben geht er!
mit seinem Diener. Sicher will er wissen, wo ich wohn'.
Pass auf, jetzt sucht er, welches meine Fenster sind.
Schau seine Augen an, was das für grosse ernste Augen sind -
ZDENKA
hinter ihr
Wie soll ich seine Augen sehn, er schaut ja nicht herauf!
ARABELLA
wartet
Nein, er schaut nicht herauf.
Wendet sich ins Zimmer
Er geht vorüber. Anderswo erwartet ihn halt eine andre Frau -
Die hass ich jetzt! Und wünsch ihr alles Böse auf der Welt!
ZDENKA
Und heut am Abend hast du sie vergessen - und ihn auch.
Du hast so deine Phantasien.
Arabella steht finster
ZDENKA
nähert sich ihr
Die Männer sind's allein, die wählen dürfen,
und wir, wir müssen warten bis man uns erwählt
oder wir sind verloren.
Sie drückt ihren Kopf an Arabellas Schulter
ARABELLA
Du Weisheit!
Zdenka hebt den Kopf
Lass dich anschaun! Deine Augen
sind ja voll Wasser! Zdenkerl, sag was ist mit dir?
Man hört die Schlittenglocken
ZDENKA
macht sich los
Gar nichts. So willst du fahren mit dem Elemer?
ARABELLA
Ja, ja. Geh. Zieh dich an. Du fahrst mit uns. Ich wills.
ZDENKA
Pst, die Mama.
Adelaide ist links herausgetreten, horchend: sie hat Waldner kommen gehört. Waldner kommt im gleichen Augenblick durch die Mitteltür, gut angezogen, Stadtpelz und Cylinder, Stock, Handschuhe. Er sieht elegant, aber ermüdet und übernächtig aus, geht durchs Zimmer, als sehe er die andern nicht und lässt sich in einem Fauteuil vorne rechts nieder.
ADELAIDE
Lasst uns allein, meine Kinder.
Euer Vater hat Sorgen.
Arabella geht links rückwärts ab. Zdenka rechts rückwärts
WALDNER
steht auf, legt ab - hinter einem Paravent - legt den Cylinder auf den Tisch. Er sieht die Couverts mit den Rechnungen, betrachtet sie mechanisch, reisst ein Couvert auf, dann das nächste
Nichts als das Zeug da? und von niemand sonst ein Brief?
ADELAIDE
Du hast gespielt? Du hast verloren, Theodor?
Waldner schweigt
Du hast an dein Regimentscameraden geschrieben?
WALDNER
Von keinem eine Antwort! das ist hart.
Wirft sich auf den Fauteuil; vor sich hin, halb zu Adelaide
Da war ein gewisser Mandryka
der war steinreich und ein Phantast dazu.
Für ein Mädel hat der einmal die Strassen von Verona
bestreuen lassen mit dreitausend Scheffeln Salz
weil sie hat Schlitten fahren wollen mitten im August!
Ich hab an seine Grossmut appelliert -
und hab von der Bella ein Bild hineingelegt -
in dem stahlblauen Ballkleid mit Schwanenbesatz
Ich hab mir gedacht: vielleicht kommt er daher,
ein Narr wie er ist, und heirath das Mädel!
ADELAIDE
O Gott mein schönes Kind mit einem alten Mann!
WALDNER
heftig
Es muss ein solider Bewerber daher
und ein End mit der ewigen Hofmacherei
die zu nichts führt! Ich weiss sonst keinen Ausweg!
Er ist aufgestanden - geht im Zimmer umher
ADELAIDE
mit plötzlicher Ekstase
Fort mit uns! Zur Tante Jadwiga!
Sie nimmt uns auf auf ihre Schlösser!
Du wirst Verwalter
ich führe der Tante das Haus.
WALDNER
Und die Mädeln?
ADELAIDE
Zdenka wird groom für ewige Zeiten -
wir sind nicht in der Lage
zwei Töchter zu erhalten!
Und Arabella - ihr ist prophezeit
sie macht ihr Glück durch eine grosse Heirath!
WALDNER
grimmig
Inzwischen ist der letzte Fünfziger dahin!
ADELAIDE
Sei ruhig, Theodor, mir sind im Traum drei Nummern erschienen!
Unfehlbare herrliche Zahlen!
WALDNER
Ah, Geschwätz!
Versetz die Smaragdbrosch und gib mir das Geld!
Was? du hast sie nicht mehr? versetzt? verpfändet?
ADELAIDE
Schon vorige Woche. Sie war das Letzte.
WALDNER
Und heut hätt ich Glück!
Ich spürs in jedem Finger!
Du unglückselige Person!
Im Herumgehen sieht er die Kartons
Was sind das da für Sachen?
ADELAIDE
hat schnell die Kartons geöffnet
Bonbons vom Dominik! Parfum vom Elemer!
Spitzen vom Lamoral! So voller Attentionen sind die jungen Herrn!
WALDNER
tritt näher
Spitzen? wo sind die Spitzen?
ADELAIDE
Da: point d'Alençon.
WALDNER
Geh aus, sofort und schau wie du sie möglichst gut verkaufst.
ADELAIDE
Die Spitzen, die dem Kind gehören?
WALDNER
A tempo! fix! Ich hab nicht einen Gulden mehr im Sack!
ADELAIDE
O dieses Wien!
Sie nimmt das Päckchen Spitzen zu sich
Allein so hab ich's oft geträumt!
Aus tiefster Schmach hebt's uns einmal empor
zu höchster Höhe durch die Hand der Schönheit!
Waldner winkt ihr heftig ab
ADELAIDE
sich zurückziehend, links vorne, zwischen Tür und Angel in Ekstase
Hat's denn vielleicht im Allerhöchsten Erzhaus
noch keine Liebesheirathen gegeben?
Sie geht ab
WALDNER
wieder zu den Rechnungen zurück, liest die erste:
»Bin ich nicht in der Lage, länger zu warten!«
Nimmt die zweite
»Müsste ich die Gerichte in Anspruch nehmen ... «
Arme Frau! arme Mädeln!
Er läutet am Glockenzug indem er hinter sich greift. Zimmerkellner tritt ein
WALDNER
Cognac!
ZIMMERKELLNER
Auf Nummer 8 darf ich nichts mehr servieren!
Ausser wünschen sofort zu bezahlen!
WALDNER
Verschwinden Sie. Ich brauche nichts.
Auf und nieder
Jetzt setzen sie sich hin und fangen wieder an zu spielen,
und alles Andre ist verlorene Zeit!
ZIMMERKELLNER
eintretend mit einem Tablett
Ein Herr!
WALDNER
Sie sagen: ich bin ausgegangen.
Das Zeug dorthin!
Zimmerkellner legt an die von Waldner angegebene Stelle eine Karte und geht ab
WALDNER
sieht hin
Das ist ja keine Rechnung. Melden sich
die Lieferanten jetzt schon mit Visitenkarten an?
Er geht hin, nimmt die Karte in die Hand, freudig überrascht
Mandryka!
Traut seinen Augen nicht
Der reiche Kerl! mein bester Freund im Regiment!
ZIMMERKELLNER
an der Tür
Der Herr fragt dringend an.
WALDNER
Ich lasse bitten!
Dem Eintretenden mit offenen Armen entgegen
Tschau, Camerad!
Mandryka, grosser, sehr kräftiger, eleganter Mann von höchstens fünfunddreissig Jahren, etwas undefinierbar Ländliches in der Erscheinung: sehr gut angezogen, ohne jede provinzielle Eleganz. Welko, hinter Mandryka eintretend, bleibt in der Tür stehen
WALDNER
perplex, tritt zurück
Ah so! Mit wem hab ich die Ehre?
MANDRYKA
Hab ich die Ehre mit dem Rittmeister Graf Waldner?
WALDNER
Waldner, so heiss ich. Rittmeister nicht mehr.
Mandryka streckt seine rechte Hand nach hinten. Welko, unter Verneigung, gibt ihm einen Brief in die Hand
MANDRYKA
mit dem Brief auf Waldner zutretend
Sind Sie, Herr Graf, der Schreiber dieses Briefes?
Waldner nimmt den Brief, der zerknittert ist und voll Blutflecken
MANDRYKA
sehr leicht und munter und sehr artig
Er ist ein bissl blutig worden, und nicht mehr leserlich.
Ich bin den Tag, wo er mir zugekommen ist,
auf eine alte Bärin gegangen, sie hat mich angenommen
und ein bissl gekratzt - dabei ist das passiert.
WALDNER
indem er ihm den Brief zurückgibt, nachdem er einen Blick darauf geworfen hat
Geschrieben hab ich allerdings an einen Herren Ihres Namens -
er war mein Freund und Regimentskamerad.
MANDRYKA
Das war mein Onkel. Er ist todt. Ich bin der einzige Mandryka.
Somit verzeihen Sie, dass ich den Brief
zu öffnen mir gestattete. - jetzt kommt's auf eines an:
Welko, das Bild!
WELKO
indem er eine Photographie überreicht
Es ist in Ordnung, Gospodar.
Die schöne Fräulein mit dem Gesicht wohnt hier.
MANDRYKA
die Photographie in der Hand
Herr Graf, Sie haben Ihrem werten Brief,
der kameradschaftlich an meinen Onkel gerichtet war,
Sie haben dieses Damenbildnis beigelegt.
WALDNER
leicht hinsehend, ganz ohne Wichtigkeit
Ah ja! die Photographie meiner Tochter
Arabella!
MANDRYKA
mit merklicher Aufregung, aber ohne die Haltung zu verlieren
Die gnädige Tochter ist unvermählt - ?
WALDNER
nickt
Noch unvermählt.
MANDRYKA
- und derzeit nicht verlobt?
WALDNER
Derzeit noch nicht.
MANDRYKA
sehr ernst, beinahe feierlich
Dann bitte ich um ein Gespräch von fünf Minuten.
Welko rückt schnell zwei Fauteuils einander gegenüber, zieht sich dann zurück. Waldner und Mandryka setzen sich. Eine kleine Pause der Verlegenheit bei Mandryka, der Spannung bei Waldner
MANDRYKA
Darf ich so unbescheiden sein und eine Frage stellen?
WALDNER
Du bist der Neffe - und Erbe meines teuren Cameraden.
Verfüge über mich!
MANDRYKA
Ich danke sehr. -
Er überlegt einen Moment
Als in dem Brief an meinen seligen Onkel
das reizende Porträt des Fräulein Tochter
hineingeschlossen wurde,
darf ich annehmen, dass da eine Absicht
im Spiele war? - Ich bitte um Vergebung.
WALDNER
vorsichtig
Mein Gott, ich hab mir halt gedacht ich mach dem Alten damit einen Spass!
MANDRYKA
sehr aufmerksam, bestrebt, jedes Wort Waldners nach seinem vollen Gewicht zu erfassen
Dem Onkel einen Spass? - Wenn aber das die Folge wär gewesen:
dass mein Herr Onkel, der ein ganzer Mann war
und in den besten Jahren,
sich hätte in die Schönheit des Porträts verliebt
und wär getreten hier vor Ihnen, hochgeborner Herr,
so als ein offenherziger Edelmann vor einen andern,
und hätt gesagt: »Wer das Gesicht gesehen hat
und tritt nicht als Bewerber auf
verdient nicht, dass ihn Gott auf dieser schönen Erden leben lasst:
So gib das Mädel mir zur Frau und Herrin! «
Was wäre dann gewesen? Gesetzt den Fall, er hätte so gesagt!
WALDNER
Dann hätten wir uns in einer unerwarteten Situation befunden.
MANDRYKA
steht auf, sehr aufgeregt, aber beherrscht
Der Onkel ist dahin. Heut bin ich der Mandryka, niemand sonst.
Mein sind die Wälder, meine sind die Dörfer.
Viertausend Untertanen beten dass ich glücklich sei -
und ich, mit aufgehobenen Händen bitte ich:
Herr Vater, geben mir die gnädige Tochter,
geben mir sie zur Frau, die jetzt seit vierzehn Wochen
jeden Gedanken hier in dieser Brust regiert.
Waldner schweigt vor Staunen
MANDRYKA
sehr ernst
Ich bin ein Witwer. Wird sich da die gnädige Tochter schrecken?
Meine Maria war zu gut für mich!
Zwei Jahre nur ist sie bei mir geblieben.
Waldner bittet ihn durch Gebärden, sich wieder zu setzen
Ihr Zögern ist kein Todesurteil? Nein?
Waldner schüttelt den Kopf
Ich darf sie sehn?
Waldner nickt
Bedenken: dieser Brief kommt an, und in der gleichen Stunde
nimmt mich die alte Bärin in die Arme
und drückt mir vier von meinen Rippen ein.
Zwölf Wochen bin ich so im Bett gelegen -
vor meinen Augen dieses Bild - und ein Gedanken immer stärker
bis er die Seele mir herausgezogen hat!
Ganz naiv, ohne alle Prahlerei
Kommen meine Verwalter: Was ists mit unserm Herrn?
Kommen die von den Meierhöfen: Was ists mit unserm Herrn?
Kommen die von den Fohlenhöfen: Freut unsern Herrn kein Pferd mehr?
Kommen meine Förster: Freut unsern Herrn kein jagen?
Ich geb ihnen keine Antwort. Welko! ruf ich,
hol mir den Juden, na! wie heisst der Jud in Sissek,
der meinen Wald will kaufen? dort den Eichwald!
Schnell her mit ihm, und er soll Geld mitbringen
denn morgen fahr ich in dem Kaiser seine Hauptstadt
da kostet Geld ein jeder Atemzug
und Hindernisse darfs nicht geben auf der Brautfahrt!
Er zieht ein grosses, aber elegantes Portefeuille hervor; es enthält, lose hineingelegt, einen d___en Pack Tausendguldennoten
Das ist der Wald. -
Es war ein schöner Wald: Einsiedler waren drin,
Zigeuner waren drin und alte Hirschen
und Kohlenmeiler haben viele drin geraucht -
Hat sich alles in die paar Fetzen Papier verwandelt!
Aber es stehen Eichenwälder genug noch auf meinem Boden
für Kinder und für Enkel - Gott erhalte! -
Verzeih'n um Gotteswillen dass ich da von solchen Sachen rede!
Ist ganz, ich weiss nicht wie, gescheh'n!
Er will das Portefeuille einstecken
WALDNER
hindert ihn daran durch eine unwillkürliche Bewegung
Oho! ich find es ungeheuer interessant!
Wenn man bedenkt: ein Wald - Einsiedler waren drin
Zigeuner waren drin und alte Hirschen
und auf eins zwei - ein solches Portefeuille!
Ich hab seit vielen Jahren so was nicht gesehn!
Er starrt fasziniert auf das Portefeuille
MANDRYKA
hält ihm's hin, sehr leicht und liebenswürdig
Darf ich vielleicht? brauchst du vielleicht?
So für den Augenblick? Du tust mir eine Gnad!
Teschek, bedien dich!
WALDNER
nach kurzem Zögern nimmt eine Tausendguldennote
Mein Bankier ist nur verreist!
Ich geb es dir heut abend spätestens zurück!
MANDRYKA
hält das Portefeuille nochmals hin, sehr herzlich
Nicht mehr? Ich bitte vielmals! Aber doch!
Teschek, bedien dich!
Waldner nimmt eine zweite Note und steckt sie mit nonchalance zu der ersten in die Westentasche.
Mandryka lässt das Portefeuille in seine Brusttasche gleiten. Eine leichte Pause derVerlegenheit
MANDRYKA
Und wann wird's dir genehm sein
mich deiner Gräfin vorzustellen -
und dann der gnäd'gen Tochter?
WALDNER
Sie sind gleich da im Nebenzimmer.
Mandryka steht auf, wirklich erschrocken
WALDNER
steht gleichfalls auf
Willst du sie sehn? Ich ruf' -
ich stell dich vor.
MANDRYKA
Jetzt? so? Ich bitte: nein! auf keinen Fall!
WALDNER
So schüchtern war der Onkel, nicht!
MANDRYKA
sehr ernst
Das ist ein Fall von anderer Art.
Es handelt sich für mich um etwas Heiliges.
WALDNER
Ganz wie du willst.
MANDRYKA
in verändertem Ton
Ich werd mich hier im Hause einlogieren
und den Befehl abwarten deiner Gräfin
wann ich mich präsentieren darf am Nachmittag
oder am Abend - oder wann es wird belieben.
Verneigt sich, Waldner reicht ihm die Hand und begleitet ihn dann zur Tür
WALDNER
allein
Hab ich geträumt? Dahier ist er gesessen
der Neffe vom Mandryka.
So was passiert einem doch nicht!
Er zieht den einen zerknitterten Tausender hervor, dann den zweiten, glättet beide, steckt sie in seine völlig leere Brieftasche
Hab ich geträumt? Nein! ich hab nicht geträumt!
Er nimmt den einen Tausender wieder heraus, dreht daraus, ganz gedankenlos, eine kleine Papierdüte und behält sie in der Hand. Mit leichtem Ausdruck, Mandrykas Ton copierend, ziemlich laut
Teschek, bedien dich!
ZIMMERKELLNER
eintretend
Ist hier gerufen?
Er gewahrt den Tausender in Waldners Hand und verändert sofort den Ton
Haben mich befohlen?
WALDNER
vor sich, leise, zart
Teschek, bedien dich!
ZIMMERKELLNER
Befehlen diesen Tausender zu wechseln?
WALDNER
Später vielleicht. jetzt nicht.
Zimmerkellner geht ab
WALDNER
vor sich hin, mit Grazie
Teschek, bedien dich!
Fast schmelzend zärtlich
Teschek, bedien dich!
Majestätisch
Teschek, bedien dich!
Er nimmt Mantel, Hut und Stock
ZDENKA
aus der Tür rechts heraus
Hast du gerufen, Papa?
WALDNER
mit turbulentem Jubel
Teschek, bedien dich!
ZDENKA
Mit wem spricht er? Ist dir etwas geschehn, Papa?
WALDNER
jetzt erst bemerkend, dass er nicht allein ist
Gar nichts. Ich geh jetzt aus. Ich werd erwartet.
Brauchst du vielleicht?
Er winkt ihr mit dem Tausender, den er in der Hand behalten hat
Ich werd mir wechseln lassen.
Adieu.
Ab durch die Mitteltür
ZDENKA
allein
Papa! Er ist schon fort.
So hab ich ihn noch nie gesehn.
Die Sorgen haben ihn um den Verstand gebracht!
Wir müssen fort aus dieser Stadt - schon morgen
und den Matteo seh ich heut vielleicht zum letzten Mal -
O Gott im Himmel steh mir armem Mädel bei!
Matteo schnell und verstohlen zur Mitteltür herein. Zdenka erschrickt
MATTEO
Er hat mich nicht gesehn. Ich hab mich seitwärts in die Tür gedrückt.
ZDENKA
deutet auf die Tür links rückwärts
Pst! sie ist da!
Horcht
Sie ruft mich!
MATTEO
Kann ich sie nicht sehn?
ZDENKA
Jetzt nicht! Ich bitte dich! jetzt nicht!
MATTEO
Hast du den Brief?
ZDENKA
Den Brief? Ja! Nein! Sie will jetzt nicht.
Sie sagt, sie will ihn dir - heut abend - komm auf den Fiakerball -
und vorher sei zuhaus -
hier im Hotel - vielleicht bring ich ihn dir
ins Zimmer - oder du bekommst ihn dort!
MATTEO
Du lasst mich nicht im Stich? Ich hab dein Wort!
Zdenka, ängstlich, deutet auf die Tür links. Matteo schnell ab. Arabella tritt aus der Tür links, in einem andern Kleid, einem Mantel, einem andern Hut. Zdenka steht verwirrt und verlegen da. Man hört die Schlittenglocken
ARABELLA
Bist du nicht fertig! ja, was hast du denn gemacht die ganze Zeit?
So zieh dich endlich an! Die Rappen sind schon voller Ungeduld.
ZDENKA
Die Rappen - und dein Elemer vielleicht noch mehr!
Läuft ins Nebenzimmer rechts
ARABELLA
Mein Elemer! - Das hat so einen sonderbaren Klang. .
Sie setzt sich
Er mein - ich sein. Was ist denn das,
mir ist ja, wie wenn eine Angst mich überfiele -
und eine Sehnsucht ja, nach was denn auf der Welt?
Nach dem Matteo?
Sie steht auf
Weil er immer sagt,
er kann nicht leben ohne mich, und mich so anschaut
mit Augen wie ein Kind?
Sie horcht in sich hinein
Nach dem Matteo sehnt sich nichts in mir!
Ein Zögern, dann ausbrechend
Ich möchte meinen fremden Mann noch einmal sehn!
Ich möchte einmal seine Stimme hören! -
Dann wäre er wie die Anderen für mich. -
Wie sagt die Zdenka: dass wir warten müssen bis uns einer wählt,
und sonst sind wir verloren. Es ist Zeit
dass sie in Mädelkleider kommt, die Kleine,
sie hat so sonderbare Blicke. Wenn ich dann verheirat't bin
muss sie zu mir. Verheirat't mit dem Elemer?
Sie schaudert unwillkürlich
Was rührt mich denn so an, als trät ich einem übers Grab?
Ist das der fremde Mann mit dem ich nie ein Wort geredet hab
zieht der im Dunkel so an mir?
Herr Gott, er ist ja sicher ein verheiratheter Mann
und ich soll und ich werd ihn nicht mehr wiedersehn 1
Und heut ist Faschingdienstag und am Abend ist mein Ball
- Von dem bin ich die Königin - und dann...
ZDENKA
tritt heraus, in einem kurzen Pelz, einen Zylinder in der Hand
So ich bin fertig.
ARABELLA
Komm!
Zdenka öffnet ihr die Tür. Arabella geht hinaus. Zdenka setzt den Zylinder auf und folgt ihr. Die Schlittenglocken tönen herauf
Vorhang
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ZWEITER AUFZUG
Vorraum zu einem öffentlichen b____aal, prunkvoll im Geschmack der 1860er Jahre. Logenartige Räume, aus Säulen und Draperien, links und rechts. In der Mitte Treppe zu einer Estrade, von der man in den eigentlichen b____aal hinabsieht, und zu dem man links und rechts von dieser Treppe hinabsteigt. Arabella und hinter ihr Adelaide, von mehreren Herren begleitet, steigen langsam die Treppe von der Estrade herab. Waldner und Mandryka stehen unten, seitwärts. Beide im schwarzen Frack, mit umgeschlungener schwarzer Cravatte.
MANDRYKA
Das ist ein Engel, der vom Himmel niedersteigt!
WALDNER
Na, endlich! Immer eine halbe Stund' zu spät.
MANDRYKA
O Waldner, Waldner!
WALDNER
Wenn du meine Hand so druckst
werd ich drei Tag' lang keine Karten halten können.
jetzt komm! ich stell dich vor! Was gehst du denn zurück!
Adelaide mit Arabellaa, unten angelangt, treten etwas nach links. Die begleitenden Herren sind zurückgeblieben
ADELAIDE
leise zu Arabella
Dort steht er. Habe ich zuviel gesagt?
ARABELLA
ohne dass sie hinzusehen scheint
Mama- das ist jetzt wirklich die Entscheidung!
ADELAIDE
Du bist sehr blass! Ist dir nicht wohl, mein Kind?
Willst du dich setzen? willst du fort?
ARABELLA
Nein, lass Mama.
Nur einen Augenblick lass mich allein.
Adelaide geht auf die beiden Herren zu
WALDNER
ihr entgegen
Was ist denn?
ADELAIDE
Lass ihr einen Augenblick!
WALDNER
Zu was denn?
ADELAIDE
Eine plötzliche Beklommenheit.
Du kennst ihre Natur.
WALDNER
Jetzt ist nicht Zeit für solche Faxen!
Hier stell' ich Dir Herrn von Mandryka vor.
Adelaide reicht Mandryka die Hand, die er küsst
ARABELLA
Zu ihnen gehend
Mama, da bin ich.
WALDNER
Meine Tochter Arabella.
Mandryka verneigt sich tief. Adelaide zieht Waldner bei Seite. Sie verschwinden rechts. Mandryka sieht Arabella an, ohne ein Wort herauszubringen
ARABELLA
Sie sehn nicht aus wie jemand, den das alles da interessiert.
Indem sie sich fächelt
Was führt sie dann hierher?
MANDRYKA
Nach Wien?
ARABELLA
Hierher auf diesen Ball!
MANDRYKA
Sie fragen mich, was mich hierherführt, Arabella?
Dominik kommt von rückwärts, will Arabella zum Tanz holen
ARABELLA
zu Dominik
Später. jetzt sprech ich hier mit diesem Herrn.
Sie tritt nach links. Dominik ab
MANDRYKA
nach einer kleinen Pause
So hat Ihr Vater Ihnen nichts gesagt?
ARABELLA
setzt sich und winkt ihm mit dem Fächer, sich neben sie zu setzen
Was hätte er mir sagen sollen?
ELEMER
kommt von rückwärts zu Arabella
Darf ich vielleicht um diesen Walzer bitten?
ARABELLA
Später. Jetzt bleib ich hier.
Elemer verneigt sich und geht
ARABELLA
sieht Mandryka an
Was hätte mir mein Vater sagen sollen?
MANDRYKA
Sie wissen nichts von mir?
Arabella schüttelt den Kopf
Ich habe eine Frau gehabt, sehr schön, sehr engelsgut.
Sie ist zwei Jahre nur bei mir geblieben,
dann hat der Herr Gott sie zu sich gerufen schnell.
Zu jung war ich und noch nicht gut genug für einen solchen Engel.
Er senkt den Kopf
ARABELLA
nach einer kleinen Pause, mit ein wenig Schelmerei
Das ist es, was mein Vater mir erzählen sollte?
MANDRYKA
sehr ernst und schwer
Verzeihen Sie, ich bin ein halber Bauer,
bei mir geht alles langsam, aber stark.
Wie mit plötzlichem Entschluss
Sie sind schön, Arabella - Ihr schönes Gesicht
auch auf einem Papier verbrennt schon die Seele!
ARABELLA
mit einem Stirnrunzeln
Wie kommt man eigentlich da unten in Slawonien
zu einem Bild von mir?
MANDRYKA
sieht sie an
Wie man zu einem Bild - das ist ja gleich! -
So schön sind Sie - eine Gewalt ist da in Ihren Zügen
sich einzudrücken in die Seele wie in weiches Wachs!
Über den einfachen Menschen, den Felder und Wälder umgeben,
ist eine solche Gewalt sehr gross, und er wird wie ein Träumer,
wie ein Besessener wird er und fasst den Entschluss mit der Seele,
einen ganzen Entschluss und wie er entschlossen ist, so muss er handeln,
Arabella
erschrickt vor der dumpfen Heftigkeit, steht auf
MANDRYKA
steht auf
Gräfin, ich habe vergessen wie anderswo anders die Welt ist.
Hier sind nicht meine Wälder und Felder, Sie müssen verzeihen
meine unschicklichen Reden, wodurch ich Sie hindre am Tanzen.
LAMORAL
kommt von rückwärts zu Arabella
Darf ich jetzt stören und um einen Walzer bitten?
ARABELLA
Nein. Später, Lamoral, ich möcht mit dem Herrn da noch ein bissl reden,
wenn er - vielleicht - sich wieder niedersetzen wird.
Lamoral verneigt sich und geht
ARABELLA
setzt sich und winkt Mandryka, sich zu setzen
Sie wollen mich heirathen, sagt mein Vater
ja haben Sie denn eine Ahnung wer wir sind?
Wir sind nicht grad sehr viel, nach dem Mass dieser Welt -
wir laufen halt so mit als etwas zweifelhafte Existenzen!
MANDRYKA
Ihren Stammbaum, Arabella,
den tragen Sie in Ihr Gesicht geschrieben!
und wenn Ihnen genug ist über einen zu gebieten
der selbst wieder gebietet über viele
so kommen Sie mit mir und sei'n die Herrin!
Sie werden Pfauen weiden auf seidenem Boden
und das wird nicht geschehen dass jemand sich dünkt über Ihnen
es sei denn der König und Kaiser und seine Kaiserin! - aber sonst niemand!
ARABELLA
vor sich
Der Richtige, wenns einen gibt für mich,
der wird auf einmal da sein,
und wird mich anschaun und ich ihn
und keine Winkelzüge werden sein und keine Fragen,
nein, alles hell und offen, wie ein lichter Fluss, auf dem die Sonne blitzt!
MANDRYKA
So fliesst der helle stille Donau mir beim Haus vorbei,
und hat mir dich gebracht! du Allerschönste!
Geheimnisvoll
Und heute abend noch, vor Schlafenszeit -
wärst du ein Mädchen aus der Dörfer einem meinigen,
du müsstest mir zum Brunnen gehen hinter deines Vaters Haus
und klares Wasser schöpfen einen Becher voll
und mir ihn reichen vor der Schwelle, dass ich dein Verlobterbin vor Gott
und vor den Menschen, meine Allerschönste!
ARABELLA
So wie Sie sind, so hab ich keinen Menschen je gesehn!
Sie bringen Ihre eigene Lebensluft mit sich
und was nicht Ihnen zugehört, das ist nicht da für Sie.
MANDRYKA
Darum kann ich erst leben wenn ich etwas Herrliches
erhöhe über mich, und so in dieser Stunde
erhöh ich dich, und wähle dich zu meiner Frau
und wo ich Herr bin, wirst du Herrin sein
und wirst gebieten, wo ich der Gebieter bin!
ARABELLA
ganz leise, mit ihm
Und du wirst mein Gebieter sein und ich dir untertan
dein Haus wird mein Haus sein, in deinem Grab will ich mit dir begraben sein -
so gebe ich mich dir auf Zeit und Ewigkeit.
Ihren Ton völlig ändernd, aber ernst
jetzt aber fahren Sie nachhaus. Ich bitte Sie darum.
MANDRYKA
Und Sie?
ARABELLA
Ich bleibe noch.
Mandryka verneigt sich
Ich möchte tanzen noch, und Abschied nehmen
von meiner Mädchenzeit, nur eine Stunde lang.
Gewähren Sie mir die?
MANDRYKA
Wenn Sie hier bleiben,
so ist mein Platz nicht anderswo als hier.
Arabella runzelt die Stirn
Sie aber brauchen nicht ein einziges Wort an mich zu richten!
Ein Schwarm von Fiakern und Ballgästen, darunter auch die Fiakermilli und einige solche Mädchen, und die drei Grafen, kommt aus dem Tanzsaal herauf auf die Bühne
ARABELLA
sieht Mandryka an
Darf ich?
MANDRYKA
Sie dürfen! ja! Sie dürfen alles was Sie wollen!
Indem er zur Seite tritt und den Herankommenden den Weg freigibt
Tretet auseinander, gute Menschen,
nach den vier Weltseiten auseinander!
Lasst die junge Magd ein Kleines tanze
eh vom Väterchen sie noch vermählt wird!
Die Fiakermilli, eine hübsche Person in einem sehr auffallenden Ballkleid, ein grosses Bukett in der Hand, tritt aus dem Schwarm heraus auf Arabella zu, die jetzt in der Mitte steht
DOMINIK
neben Milli tretend
Der Ball begehrt nach seiner Königin!
die Milli ist der Herold der Fiaker
wir haben unsre Huldigung ihr in den Mund gelegt!
DIE FIAKERMILLI
indem sie mit einem Knix Arabella das Bukett überreicht, leichtfertig, fast frech
Die Wiener Herrn verstehen sich
auf die Astronomie:
Die könnten von der Sternwart sein
und wissen gar nicht wie!
Sie finden einen neuen Stern
gar schnell heraus die Wiener Herrn
den machen sie zur Königin
an ihrem Firmament:
Zu der dann schallt es im Verein:
du sollst unsres Festes Königin seint
DIE GRAFEN UND FIAKER
Du sollst unsres Festes Königin sein.
Die Fiakermilli geht sogleich aus ihrem Lied in ein freches übermütiges Jodeln über. Der Jodler bildet die Überleitung zu dem nun einsetzenden Walzer. Arabella, unter den Klängen des Walzers den Milli mitjodelt, nimmt Blumen aus dem Bukett und verteilt sie unter die Herren und Fiaker. Zuletzt wirft sie das ausgeplünderte Bukett unter sie und nimmt Dominiks Arm, und steigt mit ihm in den b____aal hinab, von allen gefolgt. Mandryka sieht ihnen nach, dann wendet er sich. Adelaide erscheint in diesem Augenblick von rechts. Matteo ist zugleich links herausgetreten, Zdenka schüchtern hinter ihm, in Knabenkleidern, aber einer Art von schwarzem Frack, sich hinter einer Säule deckend
ADELAIDE
auf Mandryka zu
Sie sind allein? Wo ist Arabella?
MANDRYKA
Wo ihre Pflicht sie ruft als Königin des Balles.
MATTEO
in die Luft
Wie sie mich vergisst - im Rausch ihrer Schönheit!
ADELAIDE
Ihre Augen leuchten. Wie darf ich das deuten?
ZDENKA
hinter Matteo, ängstlich
Sie denkt an dich, ich weiss es, Matteo!
Ihre Blicke nur nimmt sie in acht.
MANDRYKA
auf Adelaide zu
O Gräfin, Sie selber so jung noch, so reizend -
und Sie ihre Mutter! mit was für Worten
womit denn auf Erden vermöchte ich Ihnen zu danken!
Er küsst ihr mit Innigkeit die Hand
MATTEO
tritt einen Schritt hervor
Die Blumen für alle! für alle ihr Lächeln!
sie selber für alle! was bleibt für mich?
ADELAIDE
Zu Mandryka
O könnten Sie ahnen, was in mir vorgeht!
mein Freund! mein Sohn! mein fahrender Ritter!
Zu viel für mein Herz. Ich muss es teilen!
Zu ihm, zu ihr! Nein, bleiben Sie hier!
ich finde ihn! er muss Sie umarmen!
Sie eilt rechts ab
ZDENKA
innig aber zart, zu Matteo
Für dich bleibt Alles: sie braucht deine Trauer
tief wie ein Brunnen
ihre ganze Seele hineinzuwerfen -
Seicht sind die andern!
MATTEO
vor sich
Eines bleibt: fort nach Galizien,
und sie vergessen - wenn ich noch kann!
Und ist's dazu zu spät - so gibt es noch ein andres Mittel!
Er geht nach vorne, Zdenka bleibt links, aus Furcht, gesehen zu werden
ZDENKA
Der Papa! die Mama! dass keiner mich sieht!
Wohin gehst du, Matteo?
Matteo geht in den Hintergrund, starrt düster in den b____aal hinab. Adelaide und Waldner, von rechts, auf Mandryka zu. Zdenka verschwindet links
ADELAIDE
O Theodor! hier ist er, Theodor!
WALDNER
jovial
Wie stehst du vor mir, neveu meines alten Mandryka?
Mir scheint, du verstehst, wie man Frauen gewinnt, so gut wie der Onkel!
Na! Teschek! umarme mich schon!
MANDRYKA
Glücklich, du Guter steh ich vor euch -
leichte Umarmung
glücklich so sehr, dass ich fast muss mich schämen! -
Nicht wie ein Mann steh ich vor euch
gar wie ein Bursch, der auf den Abend wartet -
in unseren Dörfern -
wenn alles dunkel, gelöscht sind die Feuer!
aber er xveiss, im Haus ihres Vaters wartet das Mädel,
dann schlüpft sie zum Brunnen und schöpft für ihn
einen Trunk klaren Wassers:
den reicht sie ihm von der finsteren Schwelle.
ADELAIDE
O welche Zartheit, bezaubernde ländliche Sitte!
Ich fühle die Luft meiner Heimat um mich, und das Schloss meiner Väter,
drunten schlummernd das Dorf -
WALDNER
mit einer abwehrenden Gebärde sehr eilig
Ich stehe sofort zur Verfügung!
Leise
Lass mich! ich bin im Gewinn!
Ab rechts
Mandryka hebt seine Hand und schnalzt mit den Fingern; sofort sind Welko, Djura und Jankel um ihn; alle im schwarzen Frack, aber mit Metallknöpfen
MANDRYKA
rechts
Hierher einen Tisch. Wir werden soupieren.
Sogleich ein Kellner mit einer Karte und Kellnerjungen
MANDRYKA
zu Adelaide
Welchen Champagner? befehlen Sie selber!
Kellner praesentiert Adelaide die Weinkarte
ADELAIDE
Moët-Chandon, halb herb und halb süss - der war es bei meiner Verlobung!
MANDRYKA
Dreissig Flaschen von diesem!
Er zeigt in die Weinkarte
Sechs für den Tisch
und die andern herumservieren im Saal -
und noch einmal dreissig!
und noch einmal dreissig!
Welko, du ordnest! Eiskübel in jede Ecke!
bis sie alle im Saal da nimmermehr wissen
ob sie sind Grafen, verhext in Fiakerkutscher,
oder Fiakerkutscher, umgekrempelt in Grafen!
Sie sollen sich freuen, wenn ich mich freue!
Befehlen weiter!
ADELAIDE
indessen man ihr Hummern, Fasanen, Eiscremen etc. praesentiert
Haben wir Blumen?
MANDRYKA
schnell
Aufpassen, du da! Geld gib ihm, Welko!
Nimmst einen Fiaker und noch einen zweiten
aufsperren lasst dir die Gärtnergeschäfte,
aufwecken die hübschen Verkäuferinnen,
ausräumen sollen sie ihre Keller!
Füllst einen Wagen an mit Rosen,
einen mit roten und weissen Camelien.
Walzer soll sie auf Blumen tanzen
Abschied nehmen von Mädchenzeiten!
Später breit ich meine Hände
sie wird nicht mehr Walzer tanzen
aber tanzen auf meinen Händen!
ADELAIDE
O wie ich den Traum meiner Mädchenzeit w ederfinde !
Grossmütig sind Sie, und voller Stärke -
knapp im Befehl, und sicherlich furchtbar im Zürnen -
welch ein Vertrauen flössen Sie ein, O unsagbar!
Schnell Ihren Arm und führen Sie mich auf die Estrade!
Sie nimmt seinen Arm und sie gehen rückwärts die Stufen hinauf. Von rechts wird ein Tisch hereingeschoben und für ein kaltes Souper prächtig gedeckt. Rechts wird weiter der Tisch gedeckt. Arabeila, an Dominiks Arm, kommt von rückwärts aus dem Tanzsaal. Sie wenden sich nach links
ARABELLA
Und jetzt sag ich Adieu, mein lieber Dominik.
DOMINIK
Adieu? Sie fahren schon nachhaus?
ARABELLA
ruhig, heiter
Das war jetzt unser letzter Tanz für alle Zeit.
Kann sein dass wir uns später einmal wiedersehn
dann sind wir halt Bekannte aus der Jugendzeit.
DOMINIK
Arabella!
Er fasst sie am Arm
ARABELLA
macht sich schnell los
Nein. Dominik!
Sie sind der erste Mann gewesen, Dominik,
- von Buben red ich nicht - der mir gesagt hat,
dass er mich gern hat, und es hat mich recht gefreut.
Aber die Richtige für Sie die war ich nicht,
und Sie halt nicht der Richtige für mich.
Nicht reden, Dominik. Da kommt auch schon der Elemer. Adieu!
Sie nickt Elemer zu. Dominik entfernt sich langsam
ELEMER
aus dem Tanzsaal kommend, auf Arabella zu
So schön wie heut hab ich Sie nie gesehn!
Mit Ihnen ist etwas passiert!
ARABELLA
Ja, Elemer, mit mir ist was passiert!
Und darum geb ich Ihnen jetzt die Hand
und sag: Adieu, ich danke Ihnen, Elemer -
es waren viele schöne Augenblicke drunter -
ELEMER
Es waren, Bella, und es werden sein!
ARABELLA
Nicht halten meine Hand, grad schnell den Druck von meinen Fingern spüren,
und wissen dass wir gute Freunde sind
wenn wir uns auch nicht wiedersehn!
ELEMER
Zornig
Sie haben sich verliebt in diesen Fremden,
diesen Wallachen oder was er ist!
ARABELLA
Verliebt - es ist wohl mehr -
Elemer spottet
ARABELLA
sanft
Nicht mir verderben diesen letzten Augenblick!
Da kommt auch schon der Lamoral und wartet
auf seinen letzten Tanz!
Lamoral erscheint an der Stiege, aus dem Tanzsaal herauf. Rechts wird mit dem Tischdecken fortgefahren
ELEMER
dicht bei ihr
Werden Sie meine Frau!
Wer in der Welt ist, der mich hindern darf!
ARABELLA
Für mich war halt ein andres Glück bestimmt.
Sie lässt ihn stehen und geht auf Lamoral zu. Elemer links ab
LAMORAL
O Arabella, gibts was Schöneres als Sie auf einem Ball!
ARABELLA
halb für sich
Ja, süss ist die Verliebtheit, süss ist dieses Auf und Ab,
aber es gibt was Schöneres tausendmal!
und einmal wirst du's auch verstehn, vielleicht -
LAMORAL
Nicht reden jetzt von Anderm, das weit weg ist -
ARABELLA
ernst
Für dich ists noch weit weg, da hast du recht.
LAMORAL
Ich ängstig mich. Sie sind so anders, Arabella!
Es nimmt Sie mir wer weg!
ARABELLA
Wegnehmen? geh, du Bub!
Aber da hast du deinen ersten und zugleich auch deinen letzten Kuss.
Sie beugt sich zu ihm und küsst ihn schnell und leicht auf die Stirn. Sie stehen links, einigermassen gedeckt durch die Draperien
LAMORAL
strahlend
Von wem hab ich den wunderbaren Kuss?
ARABELLA
sogleich ganz gelöst; sie tritt von ihm weg in die Mitte
Von einem Mädel, das heut glücklich ist,
so glücklich, dass sie ganz allein sein muss,
ganz mit sich selbst allein in ihrem Zimmer,
und lang noch liegen ohne Schlaf vor lauter Glück!
Mit geändertem Ton
Jetzt tanzen wir noch diesen Walzer aus
dann fahr ich fort von euch - auf Nimmerwiedersehn!
Ab mit ihm in den Tanzsaal. Matteo kommt von rechts, an den Tischdeckenden vorbei. Zdenka, links hervortretend, ängstlich, nicht gesehen zu werden, starrt auf ihn hinüber
MATTEO
fürr sich
Fort mit mir! Fort und ein Ende! Sonst bin ich ein Feigling!
ZDENKA
O Gott! Seine Miene! wie grässlich entschlossen!
Sie winkt ihm, er geht zu ihr hinüber. Mandryka kommt die Stufen von der Estrade herab, geht quer über die Bühne zu dem gedeckten Tisch hinüber, nimmt eine Meldung Welkos entgegen
ZDENKA
angstvoll
Bist du schon wieder so - ? Hats dich schon wieder?
MATTEO
Rasend verzehrts mich!
ZDENKA
Sie denkt an dich! nichts andres denkt sie!
Matteo lacht bitter
ZDENKA
man merkt die Lüge
Sie hat mir einen Brief für dich gegeben!
Hier ist er.
Sie greift in die Brusttasche ihres Fracks
MATTEO
weicht zurück gegen die Mitte
Ich nehme ihn nicht!
Der bringt das Ende für immer!
Ich fühl es!
Zdenka folgt dem Zurückweichenden, den Brief in der Hand. Mandryka wird aufmerksam. Jankel mit Leuten, die eine Last von Blumen tragen, von rechts. Zdenka ist Matteo bis in die Mitte der Bühne gefolgt
MATTEO
Trag ihn zurück! Ich fühl dass es mein Abschied ist!
ZDENKA
Du musst ihn nehmen, alles wird anders!
So fühl ihn doch!
MATTEO
fasst den Brief
Ein Schlüssel?
ZDENKA
Nimm ihn! nimm ihn nur!
MATTEO
reisst den Brief auf
Kein Brief! nur ein Schlüssel?
Was sind das für Spässe? Zdenko, ich frage!
ZDENKA
blass, einer Ohnmacht nahe
Das ist ihr Schlüssel!
MATTEO
O Ihr Schlüssel?
ZDENKA
fast tonlos
Vom Zimmer. Gib acht. Versteck ihn.
MATTEO
Das ist der Schlüssel - ? ich bin nicht bei Sinnen!
Sind wir auf dem Ball? Bist du der Zdenko?
ist sie deine Schwester, die tanzt dort unten?
Das ist der Schlüssel - ?
ZDENKA
Zu ihrem Zimmer.
MATTEO
Der Schlüssel zu Arabellas Zimmer!
Er hält den Schlüssel vor sich
MANDRYKA
zuckt zusammen
Ich hab mich verhört!
Jankel will sich ihm nähern. Mandryka winkt ihm ab, tritt den Beiden näher
ZDENKA
bald rot, bald blass, die Scham überwindend
Du sollst nachhaus - sie kommt in einer Viertelstunde.
Der Schlüssel sperrt das Zimmer neben ihrem,
lautlos kommt sie zu dir - Matteo, denn sie will ja alles tun
damit du glücklich wirst noch diese Nacht!
MATTEO
Schwör mir, dass das wahr ist!
Der Schlüssel zu Arabellas Zimmer!
ZDENKA
Du hast ihn ja! so wahr er sperrt
so wahr will die, die ihn dir gibt
heut alles tun, damit du glücklich wirst!
Ich muss jetzt fort! mich darf man hier nicht sehn!
Läuft links weg
MATTEO
vor sich
Geheimnis eines Mädchenherzens, unergründliches!
Schnell ab nach links
MANDRYKA
aus einer Art Starre jäh aufwachend
Halt! du irgendeiner oder wer Du bist!
Welko! laufen! halten dort den Menschen!
Her mit ihm vor mich! den dort mit dem Schlüssel!
Dominik mit Adelaide ist von links vorne aufgetreten
WELKO
unschlüssig, auf wen sein Herr ihn hetzen wollte
Welchen, Gospodar? und was für einen?
Diesen?
Zeigt auf Dominik
Dominik und Adelaide nehmen links auf einem Canapé Platz
MANDRYKA
vor sich
Und wenn hier viele Arabella heissen -
meine gottverdammten Jägerohren
foppen meinen dummen harten Schädel -
dass ich als ein Narr dasteh vor einem Fremden?
Wird sie denn den Schlüssel schicken von dem Zimmer
während selber sie hier tanzt im b____aal?
Er sieht nach der Uhr
Noch ist nicht einmal vorbei die Stunde
die ich grad ihr freigegeben habe -
also bin ich schon ein Narr und Esel?
Zu Welko
Alles lassen! Weitermachen dort am Esstisch!
Er geht hastig auf und ab
Schön ist die Musik, und nichts von Schlüssel,
Geigen drin, und nicht verdammte Schlüssel
und in paar Minuten wird sie dastehn
'da vor mir, und Blumen werd ich hinstreun
dass statt meiner sie den Fuss ihr küssen.
Haj! Wie tanzt sie jetzt und nimmt den Abschied
von der Mädchenzeit in dieser Stunde!
Grimmig hinschauend
Warum kommen viele und nicht sie darunter?
Warum scheppern gottverdammte Schlüssel da dazwischen!
DIE FIAKER-MILLI
an Elemers Arm, auf Mandryka zu, andere Paare stellen sich dazu
Mein Herr, schon wieder muss ich kommen
und bitten: geben Sie dem Ball die Königin zurück!
MANDRYKA
im Zorn, vor sich
Was sagt das Frauenzimmer? Ich soll sie
zurück ihr geben? Ich hab sie nicht eingesperrt.
Ich hab den Schlüssel nicht. Er ist in dem Couvert.
Er packt einen Sessel so dass dessen Lehne kracht. Welko bietet Champagner an
MANDRYKA
nimmt sich zusammen
Ich bitte, dass Sie mir die Ehre geben -
Sie alle wie Sie sind, bekannt und unbekannt!
ELEMER
Doch Gräfin Arabella wollen wir
nicht in dem schönen Augenblick vermissen!
MILLI
Sie werden sicher sie zu finden wissen.
MANDRYKA
greift sich an den Hals, lockert die Cravatte
Zu finden wissen? Schlüssel! Welko! Suchen!
Die gnädige Fräulein suchen in dem Saal!
Hast du gefunden in der grossen Wienerstadt
wirst du zu finden wissen in der Tanzhütten dahier!
Welko eilt ab
MANDRYKA
nachrufend, stark
- und bitten sie hierher wenn sie die Gnade haben will!
Dann zu Milli, die sich von Elemers Arm gelöst hat
Ein solcher süsser Schnabel muss auch etwas Süsses trinken!
Er serviert ihr ein Glas Champagner. Milli antwortet jodelnd
PICCOLO
bringt ein Briefchen auf einem Tablett
Da wäre ein Billet für Euer Gnaden.
MANDRYKA
Fühl ob ein Schlüssel drin ist?
PICCOLO
Wie? ein Schlüssel?
MANDRYKA
nimmt hastig das Billet, zögert noch, es zu öffnen
Wer, Herr Gott, hat diesem Gesicht so viel Gewalt gegeben über mich!
dass ich mich fürchte jetzt -
geht bei Seite, reisst das Couvert auf, liest, wiederholt den Inhalt, grimmig
Für heute sag ich Ihnen gute Nacht.
Ich fahr nachhaus.
Von morgen an bin ich die Ihrige.
Ein kleines a statt einer Unterschrift!
Nicht einmal ihren Namen! Steht auch nicht dafür
für einen Gimpel, einen auf den Leim gegangenen!
Mit bitterer l___igkeit
Sie muss ja Abschied nehmen von der Mädchenzeit -
dafür braucht sie die ganze Zärtlichkeit:
sie hat jetzt keine Zeit für zärtlichere Unterschrift!
Er zwingt sich zu einer frechen Munterkeit, tritt wieder zu den andern zurück, winkt
Wegschmeissen jetzt die Blumen! Schampus her!
Servieren links und rechts, bis alle liegen unter'm Tisch -
die Grafen und Fiaker und Fiakerbräute alle miteinander!
Heut geht das Ganze, aber schon das Ganze
auf meine Rechnung!
Kellner verteilen sich, servieren allen Champagner
Soll ich der schönen Milli jetzt vielleicht was singen?
Er zieht sie an sich
Ich wäre aufgelegt!
Fiakermilli antwortet zärtlich, ohne Worte, mit einem Jodler
MANDRYKA
zwischen Selbstverspottung und zornigen Tränen
Gieng durch einen Wald, weiss nicht durch welchen
Fand ein Mädchen, weiss nicht, wessen Tochter!
Trat ihm auf den Fuss, weiss nicht auf welchen,
fieng es an zu schrein, weiss nicht warum doch:
seht den Wicht, wie der sich denkt die Liebe!
Milli wiederholt jodelnd den Refrain, Mandryka zieht sie neben sich auf das Canapee nieder. Adelaide entzieht sich Dominik, steht auf
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