Wagner Meistersinger: Akt 1 Lyrics
ERSTER AUFZUG
ERSTE SZENE
Die Bühne stellt das Innere der Katharinenkirche in schrägem Durchschnitt dar. Von dem Hauptschiff, welches links ab dem Hintergrunde zu sich ausdehnend anzunehmen ist, sind nur noch die letzten Reihen der Kirchenstuhlbänke sichtbar. Den Vordergrund nimmt der freie Raum vor dem Chor ein; dieser wird später durch einen schwarzen Vorhang gegen das Schiff zu gänzlich geschlossen. In der letzten Reihe der Kirchenstühle sitzen Eva und Magdalene; Walther von Stolzing steht, in einiger Entfernung, zur Seite an eine Säule gelehnt, die Blicke auf Eva heftend, die sich mit stummem Gebärdenspiel wiederholt zu ihm umkehrt
DIE GEMEINDE
Da zu dir der Heiland kam,...
Walther drückt durch Gebärde eine schmachtende Frage an Eva aus
...willig deine Taufe nahm,...
Evas Blick und Gebärde sucht zu antworten; doch beschämt schlägt sie das Auge wieder nieder
...weihte sich dem Opfertod,...
Walther zärtlich, dann dringender
...gab er uns des Heils Gebot:...
Eva, Walther schüchtern abweisend, aber schnell wieder seelenvoll zu ihm aufblickend
...dass wir durch ein' Tauf' uns weih'n,...
Walther entzückt, höchste Beteuerungen, Hoffnung.
...seines Opfers wert zu sein.
Eva lächelnd, dann beschämt die Augen senkend. Walther dringend, aber schnell sich unterbrechend
Edler Täufer, Christ's Vorläufer!...
Walther nimmt die dringende Gebärde wieder auf, mildert sie aber sogleich, um sanft um eine Unterredung zu bitten
Nimm uns freundlich an, dort am Fluss Jordan.
Die Gemeinde erhebt sich, wendet sich dem Ausgange zu und verlässt unter dem Nachspiel allmählich die Kirche. Walther heftet in höchster Spannung seinen Blick auf Eva, welche ihren Sitz ebenfalls verlässt und, von Magdalene gefolgt, langsam in seine Nähe kommt. Da Walther Eva sich nähern sieht, drängt er sich gewaltsam durch die Kirchgänger zu ihr
WALTHER
leise, doch feurig zu Eva
Verweilt! - Ein Wort! Ein einzig Wort!
EVA
sich schnell zu Magdalena umwendend
Mein Brusttuch...! Schau! Wohl liegt's im Ort?
MAGDALENE
Vergesslich' Kind! Nun heisst es: such!
Sie kehrt nach den Kirchenstühlen zurück
WALTHER
Fräulein! Verzeiht der Sitte Bruch!
Eines zu wissen, eines zu fragen,
was müsst' ich nicht zu brechen wagen?
Ob Leben oder Tod, ob Segen oder Fluch?
Mit einem Worte sei mir's vertraut:
mein Fräulein sagt -
MAGDALENE
zurückkommend
Hier ist das Tuch.
EVA
O weh! Die Spange!
MAGDALENE
Fiel sie wohl ab?
Sie geht suchend abermals nach hinten
WALTHER
Ob Licht und l___ oder Nacht und Tod?
Ob ich erfahr, wonach ich verlange,
ob ich vernehme, wovor mir graut:
Mein Fräulein, sagt -
MAGDALENE
wieder zurückkommend
Da ist auch die Spange.
Komm, Kind! Nun hast du Spang' und Tuch ...
O weh! Da vergass ich selbst mein Buch!
Sie geht nochmals eilig nach hinten
WALTHER
Dies eine Wort, Ihr sagt mir's nicht?
Die Silbe, die mein Urteil spricht?
Ja oder nein! - ein flücht'ger Laut:
mein Fräulein sagt,
entschlossen und hastig
seid Ihr schon Braut?
MAGDALENE
die wieder zurückgekehrt ist und sich vor Walther verneigt
Sieh da, Herr Ritter,
wie sind wir hochgeehrt:
mit Evchens Schutze habt Ihr Euch gar beschwert?
Darf den Besuch des Helden
ich Meister Pogner melden?
WALTHER
bitter, leidenschaftlich
Oh, betrat ich doch nie sein Haus!
MAGDALENE
Ei, Junker! Was sagt Ihr da aus?
In Nürnberg eben nur angekommen,
wart Ihr nicht freundlich aufgenommen?
Was Küch' und Keller, Schrein und Schrank
Euch bot, verdient' es keinen Dank?
EVA
Gut Lenchen, ach, das meint er ja nicht.
Doch von mir wohl wünscht er Bericht.
Wie sag ich's schnell? Versteh' ich's doch kaum!
Mir ist, als wär' ich gar wie im Traum!-
Er frägt - ob ich schon Braut?
MAGDALENE
heftig erschrocken
Hilf Gott! Sprich nicht so laut!
Jetzt lass uns nach Hause gehn;
wenn uns die Leut' hier sehn!
WALTHER
Nicht eh'r, bis ich alles weiss!
EVA
zu Magdalene
's ist leer, die Leut' sind fort.
MAGDALENE
Drum eben wird mir heiss!
Herr Ritter, an andrem Ort!
David tritt aus der Sakristei ein und macht sich darüber her, die, schwarzen Vorhänge zu schliessen
WALTHER
dringend
Nein! Erst dies Wort!
EVA
bittend zu Magdalene
Dies Wort!
MAGDALENE
die sich bereits umgewendet, erblickt David, hält an und ruft zärtlich für sich
David? Ei! David hier?
Sie wendet sich wieder zurück, und zu Walther.
EVA
zu Magdalene
Was sag ich? Sag du's mir!
MAGDALENE
zerstreut, öfter nach David sich umsehend
Herr Ritter, was Ihr die Jungfer fragt,
das ist so leichtlich nicht gesagt;
fürwahr ist Evchen Pogner Braut
EVA
lebhaft unterbrechend
Doch hat noch keiner den Bräut'gam erschaut.
MAGDALENE
Den Bräut'gam wohl noch niemand kennt,
bis morgen ihn das Gericht ernennt,
das dem Meistersinger erteilt den Preis -
EVA
enthusiastisch
Und selbst die Braut ihm reicht das Reis.
WALTHER
verwundert
Dem Meistersinger?
EVA
bang
Seid Ihr das nicht?
WALTHER
Ein Werbgesang?
MAGDALENE
Vor Wettgericht.
WALTHER
Den Preis gewinnt?
MAGDALENE
Wen die Meister meinen.
WALTHER
Die Braut dann wählt?
EVA
sich vergessend
Euch oder keinen!
Walther wendet sich, in grosser Erregung auf und ab gehend, zur Seite
MAGDALENE
sehr erschrocken
Was, Evchen! Evchen! Bist du von Sinnen?
EVA
Gut' Lene, lass mich den Ritter gewinnen!
MAGDALENE
Sahst ihn doch gestern zum erstenmal?
EVA
Das eben schuf mir so schnelle Qual,
dass ich schon längst ihn im Bilde sah!
Sag, trat er nicht ganz wie David nah?
MAGDALENE
höchst verwundert
Bist du toll? Wie David?
EVA
Wie David im Bild.
MAGDALENE
Ach, meinst du den König mit der Harfen
und langem Bart in der Meister Schild?
EVA
Nein! Der, dess' Kiesel den Goliath warfen,
das Schwert im Gurt, die Schleuder zur Hand,
das Haupt von lichten Locken umstrahlt,
wie ihn uns Meister Dürer gemalt.
MAGDALENE
laut seufzend
Ach, David! David!
DAVID
der hinausgegangen und jetzt wieder zurückkommt, ein Lineal im Gürtel und ein grosses Stück weisser Kreide an einer Schnur schwenkend
Da bin ich! Wer ruft?
MAGDALENE
Ach, David! Was Ihr für Unglück schuft!
für sich
Der liebe Schelm! Wüsst' er's noch nicht?
laut
Ei seht, da hat er uns gar verschlossen?
DAVID
zärtlich
Ins Herz Euch allein!
MAGDALENE
feurig
Das treue Gesicht! Ei sagt!
Was treibt Ihr hier für Possen?
DAVID
Behüt es, Possen? Gar ernste Ding'!
Für die Meister hier richt' ich den Ring.
MAGDALENE
Wie? Gäb' es ein Singen?
DAVID
Nur Freiung heut:
der Lehrling wird da losgesprochen,
der nichts wider die Tabulatur verbrochen;
Meister wird, wen die Prob' nicht reut.
MAGDALENE
Da wär' der Ritter ja am rechten Ort. -
Jetzt, Evchen, komm, wir müssen fort.
WALTHER
schnell sich zu den Frauen wendend
Zu Meister Pogner lasst mich euch geleiten.
MAGDALENE
Erwartet den hier; er ist bald da.
Wollt Ihr Evchens Hand erstreiten,
rückt Ort und Zeit das Glück Euch nah.
Zwei Lehrbuben kommen dazu und tragen Bänke herbei
Jetzt eilig von hinnen!
WALTHER
Was soll ich beginnen?
MAGDALENE
Lasst David Euch lehren, die Freiung begehren. -
Davidchen, hör, mein lieber Gesell,
den Ritter hier bewahr' mir wohl zur Stell'!
Was Fein's aus der Küch' bewahr' ich für dich;
und morgen begehr' du noch dreister,
wird hier der Junker heut' Meister.
Sie drängt Eva zum Fortgehen
EVA
zu Walther
Seh' ich Euch wieder?
WALTHER
sehr feurig
Heut abend, gewiss! -
Was ich will wagen, wie könnt' ich's sagen?
Neu ist mein Herz, neu mein Sinn,
neu ist mir alles, was ich beginn'.
Eines nur weiss ich, eines begreif' ich:
Mit allen Sinnen Euch zu gewinnen!
Ist's mit dem Schwert nicht, muss es gelingen,
gilt es als Meister Euch zu ersingen.
Für Euch Gut und Blut!
Für Euch Dichters heil'ger Mut!
EVA
mit grosser Wärme
Mein Herz, sel'ger Glut,
für Euch liebesheil'ge Hut!
MAGDALENE
Schnell heim, sonst geht's nicht gut!
DAVID
der Walther verwunderungsvoll gemessen
Gleich Meister? Oho! Viel Mut!
Magdalene zieht Eva eilig durch die Vorhänge nach sich fort. Walther wirft sich, aufgeregt und brütend, in einen erhöhten kathederartigen Lehnstuhl, den zuvor zwei Lehrbuben von der Wand ab mehr nach der Mitte zu gerückt haben
ZWEITE SZENE
Noch mehrere Lehrbuben sind eingetreten; sie tragen und stellen Bänke und richten alles zur Sitzung der Meistersinger her
ZWEITER LEHRBUBE
David, was stehst?
ERSTER LEHRBUBE
Greif ans Werk!
ZWEITER LEHRBUBE
Hilf uns richten das Gemerk!
DAVID
Zu eifrigst war ich vor euch allen;
schafft nun für euch:
hab ander Gefallen!
VIER LEHRBUBEN
Was der sich dünkt!
VIER LEHRBUBEN
Der Lehrling' Muster!
VIER LEHRBUBEN
Das macht, weil sein Meister ein Schuster.
VIER LEHRBUBEN
Beim Leisten sitzt er mit der Feder.
VIER LEHRBUBEN
Beim Dichten mit Draht und Pfriem.
VIER LEHRBUBEN
Sein' Verse schreibt er auf rohes Leder.
ALLE ZWÖLF LEHRBUBEN
mit entsprechender Gebärde
Das - dächt' ich - gerbten wir ihm!
Sie machen sich lachend an die fernere Herrichtung
DAVID
nachdem er den sinnenden Ritter eine Weile betrachtet
Fanget an!
WALTHER
verwundert
Was soll's?
DAVID
noch stärker
»Fanget an!« - So ruft der »Merker«.
Nun sollt Ihr singen! Wisst Ihr das nicht?
WALTHER
Wer ist der Merker?
DAVID
Wisst Ihr das nicht? Wart Ihr noch nie bei 'nem Sing-Gericht?
WALTHER
Noch nie, wo die Richter Handwerker!
DAVID
Seid Ihr ein »Dichter«?
WALTHER
Wär' ich's doch!
DAVID
Seid Ihr ein »Singer«?
WALTHER
Wüsst' ich's noch!
DAVID
Doch »Schulfreund« wart Ihr und »Schüler« zuvor?
WALTHER
Das klingt mir alles fremd vorm Ohr.
DAVID
Und so gradhin wollt Ihr Meister werden?
WALTHER
Wie, machte das so grosse Beschwerden?
DAVID
O Lene! Lene!
WALTHER
Wie Ihr doch tut!
DAVID
O Magdalene!
WALTHER
Ratet mir gut!
DAVID
setzt sich in Positur
Mein Herr, der Singer Meister-Schlag
gewinnt sich nicht an einem Tag.
In Nüremberg der grösste Meister
mich lehrt die Kunst Hans Sachs!
Schon voll ein Jahr mich unterweist er,
dass ich als Schüler wachs'.
Schuhmacherei und Poeterei,
die lern' ich da alleinerlei:
hab ich das Leder glatt geschlagen,
lern' ich Vokal und Konsonanz sagen;
wichst' ich den Draht erst fest und steif,
was sich dann reimt, ich wohl begreif!
Den Pfriemen schwingend,
im Stich die Ahl',
was stumpf, was klingend,
was Mass, was Zahl -
den Leisten im Schurz, was lang, was kurz,
was hart, was lind, hell oder blind,
was Waisen, was Milben, was Klebsilben,
was Pausen, was Körner, was Blumen, was Dörner -
das alles lernt' ich mit Sorg' und Acht.
Wie weit nun, meint Ihr, dass ich's gebracht?
WALTHER
Wohl zu 'nem Paar recht guter Schuh'?
DAVID
Ja, dahin hat's noch gute Ruh'!
Ein »Bar« hat manch Gesätz' und Gebänd';
wer da gleich die rechte Regel fänd',
die richt'ge Naht und den rechten Draht,
mit gutgefügten »Stollen« den Bar recht zu versohlen.
Und dann erst kommt der »Abgesang«;
dass der nicht kurz und nicht zu lang
und auch keinen Reim enthält,
der schon im Stollen gestellt.
Wer alles das merkt, weiss und kennt,
wird doch immer noch nicht »Meister« genennt.
WALTHER
Hilf Gott! Will ich denn Schuster sein?
In die Singkunst lieber führ mich ein.
DAVID
Ja, hätt' ich's nur selbst schon zum »Singer« gebracht!
Wer glaubt wohl, was das für Mühe macht?
Der Meister Tön' und Weisen,
gar viel an Nam' und Zahl,
die starken und die leisen,
wer die wüsste allzumal!
Der »kurze«, »lang'« und »überlang'« Ton,
die »Schreibpapier«-, »Schwarz-Tinten«-Weis';
der »rote«, »blau'« und »grüne« Ton;
die »Hageblüh«-, »Strohhalm«-, »Fengel«-Weis';
der »zarte«, der »süsse«, der »Rosen«-Ton;
der »kurzen Liebe«, der »vergessne« Ton;
die »Rosmarin«-, »Gelbveiglein«-Weis',
die »Regenbogen«-, die »Nachtigall« -Weis',
die »englische Zinn«-, die »Zimmtröhren«-Weis',
»frisch' Pomeranzen«-, »grün' Lindenblüh«-Weis',
die »Frösch'«-, die »Kälber«-, die »Stieglitz«-Weis',
die »abgeschiedene Vielfrass«-Weis';
der »Lerchen«-, der »Schnecken«-, der »Beller«-Ton,
die »Melissenblümlein«-, die »Meiran«-Weis',
»Gelblöwenhaut«-,
gefühlvoll
»treu' Pelikan«-Weis',
prunkend
die »b___glänzende Draht«-Weis' ...
WALTHER
Hilf Himmel! Welch endlos Tönegeleis'!
DAVID
Das sind nur die Namen:
nun lernt sie singen,
recht, wie die Meister sie gestellt!
Jed' Wort und Ton muss klärlich klingen,
wo steigt die Stimm' und wo sie fällt;
fangt nicht zu hoch, zu tief nicht an,
als es die Stimm' erreichen kann;
mit dem Atem spart, dass er nicht knappt
und gar am End' Ihr überschnappt;
vor dem Wort mit der Stimme ja nicht summt,
nach dem Wort mit dem Mund auch nicht brummt.
Nicht ändert an »Blum'« und »Koloratur«,
jed' Zierat fest nach des Meisters Spur.
Verwechseltet Ihr, würdet gar irr',
verlört Ihr Euch und kämt ins Gewirr:
wär' sonst Euch alles auch gelungen,
da hättet Ihr gar »versungen!«
Trotz grossem Fleiss und Emsigkeit
ich selbst noch bracht' es nicht so weit.
So oft ich's versuch' und 's nicht gelingt,
die »Knieriem-Schlag«-Weis' der Meister mir singt.
sanft
Wenn dann Jungfer Lene nicht Hilfe weiss,
greinend
sing' ich die »eitel Brot- und Wasser«-Weis'!
Nehmt Euch ein Beispiel dran
und lasst vom Meister-Wahn!
Denn »Singer« und »Dichter« müsst Ihr sein,
eh' Ihr zum »Meister« kehret ein.
VIER LEHRBUBEN
während der Arbeit
David!
WALTHER
Wer ist nun Dichter?
VIER LEHRBUBEN
David! Kommst her?
DAVID
zu den Lehrbuben
Wartet nur, gleich! -
schnell wieder zu Walther sich wendend
Wer der »Dichter« wär'?
Habt Ihr zum »Singer« Euch aufgeschwungen
und der Meister Töne richtig gesungen,
fügtet Ihr selbst nun Reim' und Wort',
dass sie genau an Stell' und Ort
passten zu eines Meisters Ton,
dann trügt Ihr den Dichterpreis davon.
VIER LEHRBUBEN
He, David! Soll man's dem Meister klagen?
ALLE LEHRBUBEN
Wirst dich bald des/deines Schwatzens entschlagen?
DAVID
Oho! - Jawohl! Denn helf' ich euch nicht,
ohne mich wird alles doch falsch gericht't.
Er will sich zu ihnen wenden
WALTHER
ihn zurückhaltend
Nur dies noch:
wer wird »Meister« genannt?
DAVID
schnell wieder umkehrend
Damit, Herr Ritter, ist's so bewandt:
mit sehr tiefsinniger Miene
Der Dichter, der aus eig'nem Fleisse
zu Wort' und Reimen, die er erfand,
äusserst zart
aus Tönen auch fügt eine neue Weise,
der wird als »Meistersinger« erkannt.
WALTHER
So bleibt mir einzig der Meisterlohn!
Muss ich singen,
kann's nur gelingen,
find' ich zum Vers auch den eig'nen Ton.
DAVID
der sich zu den Lehrbuben gewendet
Was macht ihr denn da? - Ja, fehl' ich beim Werk,
verkehrt nur richtet ihr Stuhl und Gemerk! -
Er wirft polternd und lärmend die Anordnungen der Lehrbuben in betreff des Gemerkes um
Ist denn heut »Singschul'«? - Dass ihr's wisst,
das kleine Gemerk! - Nur »Freiung« ist!
Die Lehrbuben, welche in der Mitte der Bühne ein grösseres Gerüst mit Vorhängen aufgeschlagen hatten, schaffen auf Davids Weisung dies schnell beiseite und stellen dafür ein geringeres Brettergerüst auf; daraufstellen sie einen Stuhl mit einem kleinen Pult davor, daneben eine grosse schwarze Tafel, daran die Kreide am Faden aufgehängt wird; um das Gerüst sind schwarze Vorhänge angebracht, die zunächst hinten und an beiden Seiten, dann auch vorn ganz zusammengezogen werden
ALLE LEHRBUBEN
während der Herrichtung
Aller End' ist doch David der Allergescheit'st,
nach hohen Ehren ganz sicher er geizt:
's ist Freiung heut;
gewiss er freit,
als vornehmer »Singer« er schon sich spreizt!
Die »Schlag«-Reime fest er inne hat,
»Arm-Hunger«-Weise singt er glatt.
VIER LEHRBUBEN (1. Tenor)
Doch die »harte-Tritt«-Weis', die kennt er am best' -
ALLE
Die trat ihm der Meister hart und fest!
Mit der Gebärde zweier Fusstrtte. Sie lachen
DAVID
Ja, lacht nur zu! Heut bin ich's nicht;
ein andrer stellt sich zum Gericht:
der war nicht Schüler, ist nicht Singer,
den Dichter, sagt er, überspring' er;
denn er ist Junker, und mit einem Sprung er
denkt ohne weit're Beschwerden
heut' hier Meister zu werden.
Drum richtet nur fein das Gemerk dem ein!
Während die Lehrbuben vollends aufrichten.
Dorthin! - Hierher! Die Tafel all die Wand,
so dass sie recht dem Merker zur Hand!
sich zu Walther um wendend
Ja, ja, dem »Merker«! - Wird Euch wohl bang?
Vor ihm schon mancher Werber versang.
Sieben Fehler gibt er Euch vor,
die merkt er mit Kreide dort an;
wer über sieben Fehler verlor,
hat versungen und ganz vertan!
Nun nehmt Euch in acht!
Der Merker wacht.
Derb in die Hände schlagend
Glück auf zum Meistersingen!
Mögt Euch das Kränzlein erschwingen!
Das Blumenkränzlein aus Seiden fein
wird das dem Herrn Ritter beschieden sein?
DIE LEHRBUBEN
elche zu gleicher Zeit das Gemerk geschlossen haben, fassen sich an und tanzen einen verschlungenen Reigen um dasselbe
Das Blumenkränzlein aus Seiden fein,
wird das dem Herrn Ritter beschieden sein?
Die Lehrbuben fahren sogleich erschrocken auseinander, als die Sakristei aufgeht und Pogner mit Beckmesser eintritt;sie ziehen sich nach hinten zurück
DRITTE SZENE
Die Einrichtung ist nun folgendermassen beendigt: Zur Seite rechts sind gepolsterte Bänke in der Weise ausgestellt, dass sie einen schwachen Halbkreis nach der Mitte zu bilden. Am Ende der Bänke, in der Mitte der Bühne, befindet sich das »Gemerk« benannte Gerüst, welches zuvor hergerichtet worden. Zur linken Seite steht nun der erhöhte, kathederartige Stuhl (»der Singstuhl«) der Versammlung gegenüber. Im Hintergrunde, den grossen Vorhang entlang, steht eine lange niedere Bank für die Lehrlinge. Walther, verdriesslich über das Gespött der Knaben, hat sich auf die vordere Bank niedergelassen. Pogner und Beckmesser sind im Gespräch aus der Sakristei aufgetreten. Die Lehrbuben harren, ehrerbietig vor der hinteren Bank stehend. Nur David stellt sich anfänglich am Eingang der Sakristei auf
POGNER
zu Beckmesser
Seid meiner Treue wohl versehen.
Was ich bestimmt, ist Euch zu Nutz:
im Wettgesang müsst Ihr bestehen;
wer böte Euch als Meister Trutz?
BECKMESSER
Doch wollt Ihr von dem Punkt nicht weichen,
der mich - ich sag's - bedenklich macht;
kann Evchens Wunsch den Werber streichen,
was nützt mir meine Meisterpracht?
POGNER
Ei sagt! Ich mein, vor allen Dingen
sollt' Euch an dem gelegen sein.
Könnt Ihr der Tochter Wunsch nicht zwingen,
wie möchtet Ihr wohl um sie frei'n?
BECKMESSER
Ei ja! Gar wohl! Drum eben bitt' ich,
dass bei dem Kind Ihr für mich sprecht,
wie ich geworben zart und sittig
und wie Beckmesser grad Euch recht.
POGNER
Das tu ich gern.
BECKMESSER
beiseite
Er lässt nicht nach!
Wie wehrt' ich da 'nem Ungemach?
WALTHER
der, als er Pogner gewahrt, aufgestanden und ihm entgegengegangen ist, verneigt sich vor ihm
Gestattet, Meister!
POGNER
Wie, mein Junker?
Ihr sucht mich in der Singschul' hie?
Sie wechseln die Begrüssungen
BECKMESSER
immer beiseite
Verstünden's die Frau'n! Doch schlechtes Geflunker
gilt ihnen mehr als all' Poesie.
Er geht verdriesslich im Hintergrunde auf und ab
WALTHER
Hier eben bin ich am rechten Ort.
Gesteh' ich's frei, vom Lande fort
was mich nach Nürnberg trieb,
war nur zur Kunst die Lieb'.
Vergass ich's gestern Euch zu sagen,
heut muss ich's laut zu künden wagen:
ein Meistersinger möcht' ich sein.
Sehr innig
Schliesst, Meister, in die Zunft mich ein!
Kunz Vogelgesang und Konrad Nachtigall sind eingetreten
POGNER
freudig zu den Hinzutretenden
Kunz Vogelgesang! Freund Nachtigall!
Hört doch, welch' ganz besondrer Fall!
Der Ritter hier, mir wohlbekannt,
hat der Meisterkunst sich zugewandt.
Vorstellungen, Begrüssungen, andere Meister treten noch dazu
BECKMESSER
wieder in den Vordergrund tretend, für sich
Noch such' ich's zu wenden;
doch sollt's nicht gelingen,
versuch' ich des Mädchens Herz zu ersingen.
In stiller Nacht, von ihr nur gehört,
erfahr' ich, ob auf mein Lied sie schwört.
Walther erblickend
Wer ist der Mensch?
POGNER
sehr warm zu Walther fortfahrend
Glaubt, wie mich's freut!
Die alte Zeit dünkt mich erneut.
BECKMESSER
Er gefällt mir nicht!
POGNER
Was Ihr begehrt,
BECKMESSER
Was will er hier? -
POGNER
...soviel an mir....
BECKMESSER
Wie der Blick ihm lacht!
POGNER
... sei's Euch gewährt.
Half ich Euch gern bei des Guts Verkauf,
BECKMESSER
Holla, Sixtus!
POGNER
in die Zunft nun nehm' ich Euch gleich gern auf.
BECKMESSER
Auf den hab acht!
WALTHER
Habt Dank der Güte aus tiefstem Gemüte!
Und darf ich denn hoffen, steht heut mir noch offen,
zu werben um den Preis, dass Meistersinger ich heiss'?
BECKMESSER
Oho! Fein sacht! Auf dem Kopf steht kein Kegel!
POGNER
Herr Ritter, dies geh' nun nach der Regel.
Doch heut ist Freiung:
ich schlag' Euch vor;
mir leihen die Meister ein willig Ohr.
Die Meistersinger sind nun alle angelangt, zuletzt Hans Sachs
SACHS
Gott grüss Euch, Meister!
VOGELGESANG
Sind wir beisammen?
BECKMESSER
Der Sachs ist ja da!
NACHTIGALL
So ruft die Namen!
KOTHNER
zieht eine Liste hervor, stellt sich zur Seite auf und ruft laut
Zu einer Freiung und Zunftberatung
ging an die Meister ein' Einladung:
bei Nenn' und Nam', ob jeder kam,
ruf' ich nun auf als letztentbot'ner,
der ich mich nenn' und bin Fritz Kothner.
Seid Ihr da, Veit Pogner?
POGNER
Hier zur Hand.
Er setzt sich
KOTHNER
Kunz Vogelgesang?
VOGELGESANG
Ein sich fand.
Er setzt sich
KOTHNER
Hermann Ortel?
ORTEL
Immer am Ort.
Er setzt sich
KOTHNER
Balthasar Zorn?
ZORN
Bleibt niemals fort.
Er setzt sich
KOTHNER
Konrad Nachtigall?
NACHTIGALL
Treu seinem Schlag.
Er setzt sich
KOTHNER
Augustin Moser?
MOSER
Nie fehlen mag.
Er setzt sich
KOTHNER
Niklaus Vogel? - Schweigt?
EIN LEHRBUBE
von der Bank aufstehend
Ist krank.
KOTHNER
Gut' Bess'rung dem Meister!
DIE MEISTER
ausser Kothner
Walt's Gott!
DER LEHRBUBE
Schön' Dank!
Er setzt sich wieder nieder
KOTHNER
Hans Sachs?
DAVID
vorlaut sich erhebend und auf Sachs zeigend
Da steht er!
SACHS
drohend zu David
Juckt dich das Fell?
Verzeiht, Meister! Sachs ist zur Stell'.
Er setzt sich
KOTHNER
Sixtus Beckmesser?
BECKMESSER
Immer bei Sachs
während er sich setzt
dass den Reim ich lern' von »blüh' und wachs«.
Sachs lacht
KOTHNER
Ulrich Eisslinger?
EISSLINGER
Hier.
Er setzt sich
KOTHNER
Hans Foltz?
FOLTZ
Bin da.
Er setzt sich
KOTHNER
Hans Schwarz?
SCHWARZ
Zuletzt:
Gott wollt's!
Setzt sich
KOTHNER
Zur Sitzung gut und voll die Zahl.
Beliebt's, wir schreiten zur Merkerwahl?
VOGELGESANG
Wohl eh'r nach dem Fest.
BECKMESSER
Pressiert's dem Herrn?
Mein Stell' und Amt lass ich ihm gern.
POGNER
Nicht doch, Ihr Meister! Lasst das jetzt fort.
Für wichtigen Antrag bitt ich ums Wort.
Alle Meister stehen auf, nicken Kothner zu und setzen sich wieder
KOTHNER
Das habt Ihr, Meister, sprecht!
POGNER
Nun hört und versteht mich recht! -
Das schöne Fest, Johannistag,
Ihr wisst, begeh'n wir morgen.
Auf grüner Au', am Blumenhang,
bei Spiel und Tanz im l___gelag,
an froher Brust geborgen,
vergessen seiner Sorgen,
ein jeder freut sich, wie er mag.
Die Singschul' ernst im Kirchenchor
die Meister selbst vertauschen;
mit Kling und Klang hinaus zum Tor
auf offne Wiese ziehn sie vor
bei hellen Festes Rauschen;
das Volk sie lassen lauschen
dem Freigesang mit Laienohr.
Zu einem Werb- und Wettgesang
gestellt sind Siegespreise,
und beide preist man weit und lang,
die Gabe wie die Weise.
Nun schuf mich Gott zum reichen Mann;
und gibt ein jeder, wie er kann,
so musste ich wohl sinnen,
was ich gäb' zu gewinnen,
dass ich nicht käm' zu Schand':
so hört denn, was ich fand.
In deutschen Landen viel gereist,
hat oft es mich verdrossen,
dass man den Bürger wenig preist,
ihn karg nennt und verschlossen.
An Höfen wie an nied'rer Statt
des bitt'ren Tadels ward ich satt,
dass nur auf Schacher und Geld
sein Merk' der Bürger stellt.
Dass wir im weiten deutschen Reich
die Kunst einzig noch pflegen,
dran dünkt ihnen wenig gelegen.
Doch wie uns das zur Ehre gereich',
und dass mit hohem Mut
wir schätzen, was schön und gut,
was wert die Kunst und was sie gilt,
das ward ich der Welt zu zeigen gewillt.
Drum hört, Meister, die Gab',
die als Preis bestimmt ich hab.
Dem Sieger, der im Kunstgesang
vor allem Volk den Preis errang
am Sankt-Johannis-Tag,
sei er, wer er auch mag,
dem geh' ich, ein Kunstgewogner,
von Nürnberg Veit Pogner,
mit all meinem Gut, wie's geh' und steh',
Eva, mein einzig Kind, zur Eh'.
DIE MEISTER
sich erhebend und sehr lebhaft durcheinander
Das heisst ein Wort! Ein Mann!
Da sieht man, was ein Nürnberger kann!
Drob preist man Euch noch weit und breit,
den wack'ren Bürger Pogner Veit!
Die LEHRBUBEN
l___ig aufspringend
Alle Zeit, weit und breit:
Pogner Veit! Pogner Veit!
VOGELGESANG
Wer möchte da nicht ledig sein?
SACHS
Sein Weib gäb' mancher gern wohl drein!
KOTHNER
Auf, ledig' Mann! Jetzt macht euch 'ran!
POGNER
Nun hört noch, wie ich's ernstlich mein'!
Die Meister setzen sich allmählich wieder nieder, die Lehrbuben ebenfalls
Ein' leblos' Gabe geh' ich nicht:
ein Mägdlein sitzt mit zu Gericht.
Den Preis erkennt die Meisterzunft;
doch gilt's der Eh', so will's Vernunft,
dass ob der Meister Rat
die Braut den Ausschlag hat.
BECKMESSER
zu Kothner gewandt
Dünkt Euch das klug?
KOTHNER
laut
Versteh' ich gut,
Ihr gebt uns in des Mägdleins Hut?
BECKMESSER
Gefährlich das!
KOTHNER
Stimmt es nicht bei,
wie wäre dann der Meister Urteil frei?
BECKMESSER
Lasst's gleich wählen nach Herzensziel
und lasst den Meistergesang aus dem Spiel!
POGNER
Nicht so! Wie doch? Versteht mich recht!
Wem Ihr Meister den Preis zusprecht,
die Maid kann dem verwehren,
doch nie einen andren begehren.
Ein Meistersinger muss er sein:
nur wen Ihr krönt, den soll sie frei'n.
SACHS
erhebt sich
Verzeiht!
Vielleicht schon ginget Ihr zu weit.
Ein Mädchenherz und Meisterkunst
erglüh'n nicht stets in gleicher Brunst;
der Frauen Sinn, gar unbelehrt,
dünkt mich dem Sinn des Volks gleich wert.
Wollt Ihr nun vor dem Volke zeigen,
wie hoch die Kunst Ihr ehrt,
und lasst Ihr dem Kind die Wahl zu eigen,
wollt nicht, dass dem Spruch es wehrt:
so lasst das Volk auch Richter sein;
mit dem Kinde sicher stimmt's überein.
VOGELGESANG, NACHTIGAL
Oho!
ALLE MEISTER
ausser Sachs und Pogner
Das Volk? Ja, das wäre schön!
Ade dann Kunst und Meistertön'!
KOTHNER
Nein, Sachs! Gewiss, das hat keinen Sinn,
gäbt Ihr dem Volk die Regeln hin?
SACHS
Vernehmt mich recht! Wie Ihr doch tut!
Gesteht, ich kenn die Regeln gut;
und dass die Zunft die Regeln bewahr',
bemüh' ich mich selbst schon manches Jahr.
Doch einmal im Jahre fänd' ich's weise,
dass man die Regeln selbst probier',
ob in der Gewohnheit trägem Gleise
ihr' Kraft und Leben nicht sich verlier':
und ob Ihr der Natur noch seid auf rechter Spur,
das sagt Euch nur,
wer nichts weiss von der Tabulatur.
Die Lehrbuben springen auf und reiben sich die Hände
BECKMESSER
Hei! Wie sich die Buben freuen!
SACHS
eifrig fortfahrend
Drum möcht' es Euch nie gereuen,
dass jährlich am Sankt-Johannis-Fest,
statt dass das Volk man kommen lässt,
herab aus hoher Meister Wolk'
Ihr selbst Euch wendet zu dem Volk.
Dem Volke wollt Ihr behagen;
nun dächt' ich, läg' es nah,
Ihr liesst es selbst Euch auch sagen,
ob das ihm zur l___ geschah.
Dass Volk und Kunst gleich blüh' und wachs',
bestellt Ihr so, mein' ich, Hans Sachs.
VOGELGESANG
Ihr meint's wohl recht!
KOTHNER
Doch steht's drum faul.
NACHTIGALL
Wenn spricht das Volk, halt' ich das Maul.
KOTHNER
Der Kunst droht allweil Fall und Schmach,
läuft sie der Gunst des Volkes nach.
BECKMESSER
Drin bracht' er's weit, der hier so dreist:
Gassenhauer dichtet er meist.
POGNER
Freund Sachs, was ich mein', ist schon neu:
zuviel auf einmal brächte Reu'!
Er wendet sich zu den Meistern.
So frag' ich, ob den Meistern gefällt
Gab' und Regel, so wie ich's gestellt?
Die Meister erheben sich beistimmend.
SACHS
Mir genügt der Jungfer Ausschlagstimm'.
BECKMESSER
Der Schuster weckt doch stets mir Grimm!
KOTHNER
Wer schreibt sich als Werber ein?
Ein Junggesell' muss es sein.
BECKMESSER
Vielleicht auch ein Witwer? Fragt nur den Sachs!
SACHS
Nicht doch, Herr Merker! Aus jüng'rem Wachs
als ich und Ihr muss der Freier sein,
soll Evchen ihm den Preis verleih'n.
BECKMESSER
Als wie auch ich? Grober Gesell!
KOTHNER
Begehrt wer Freiung, der komm' zur Stell'!
Ist jemand gemeld't, der Freiung begehrt?
POGNER
Wohl, Meister! Zur Tagesordnung kehrt!
Und nehmt von mir Bericht,
wie ich auf Meisterpflicht
einen jungen Ritter empfehle,
der will, dass man ihn wähle
und heut als Meistersinger frei'. -
Mein Junker Stolzing, kommt herbei!
Walther tritt hervor und verneigt sich
BECKMESSER
bei Seite
Dacht' ich mir's doch! Geht's da hinaus, Veit?
Laut
Meister, ich mein', zu spät ist's der Zeit.
SCHWARZ und FOLTZ
Der Fall Soll man sich freu'n?
DIE ÜBRIGEN MEISTER
Ein Ritter gar?
VOGELGESANG, MOSER, EISSLINGER
Soll man sich freu'n?
ZORN, KOTHNER, NACHTIGALL, ORTEL
Wäre da Gefahr?
VOGELGESANG
Oder wär' Gefahr?
ALLE MEISTER
Immerhin hat's ein gross' Gewicht,
dass Meister Pogner für ihn spricht.
KOTHNER
Soll uns der Junker willkommen sein,
zuvor muss er wohl vernommen sein.
POGNER
Vernehmt ihn wohl! Wünsch' ich ihm Glück,
nicht bleib' ich doch hinter der Regel zurück.
Tut,Meister, die Fragen!
KOTHNER
So mög' uns der Junker sagen:
ist er frei und ehrlich geboren?
POGNER
Die Frage gebt verloren,
da ich Euch selbst des Bürge steh',
dass er aus frei' und edler Eh':
von Stolzing Walther aus Frankenland,
nach Brief und Urkund' mir wohlbekannt.
Als seines Stammes letzter Spross
verliess er neulich Hof und Schloss
und zog nach Nürnberg her,
dass er hier Bürger wär'.
BECKMESSER
Neu Junker-Unkraut! Tut nicht gut!
NACHTIGALL
Freund Pogners Wort Genüge tut.
SACHS
Wie längst von den Meistern beschlossen ist,
ob Herr, ob Bauer, hier nichts beschiesst:
hier fragt sich's nach der Kunst allein,
wer will ein Meistersinger sein.
KOTHNER
Drum nun frag' ich zur Stell':
welch Meisters seid Ihr Gesell'?
WALTHER
Am stillen Herd in Winterszeit,
wann Burg und Hof mir eingeschneit,
wie einst der Lenz so lieblich lacht'
und wie er bald wohl neu erwacht,
ein altes Buch, vom Ahn vermacht,
gab das mir oft zu lesen:
Herr Walther von der Vogelweid',
der ist mein Meister gewesen.
SACHS
Ein guter Meister!
BECKMESSER
Doch lang' schon tot;
wie lehrt' ihn der wohl der Regeln Gebot?
KOTHNER
Doch in welcher Schul' das Singen
mocht' Euch zu lernen gelingen?
WALTHER
Wann dann die Flur vom Frost befreit
und wiederkehrt die Sommerszeit,
was einst in langer Winternacht
das alte Buch mir kundgemacht,
das schallte laut in Waldespracht,
das hört' ich hell erklingen:
im Wald dort auf der Vogelweid',
da lernt' ich auch das Singen.
BECKMESSER
Oho! Von Finken und Meisen
lerntet Ihr Meisterweisen?
Das wird dann wohl auch darnach sein!
VOGELGESANG
Zwei art'ge Stollen fasst' er da ein.
BECKMESSER
Ihr lobt ihn, Meister Vogelgesang,
wohl weil vom Vogel er lernt' den Gesang?
KOTHNER
Was meint Ihr, Meister? Frag' ich noch fort?
Mich dünkt, der Junker ist fehl am Ort.
SACHS
Das wird sich bäldlich zeigen.
Wenn rechte Kunst ihm eigen
und gut er sie bewährt,
was gilt's, wer sie ihn gelehrt?
KOTHNER
zu Walther
Seid Ihr bereit, ob Euch geriet
mit neuer Find' ein Meisterlied,
nach Dicht' und Weis' Eu'r eigen,
zur Stunde jetzt zu zeigen?
WALTHER
Was Winternacht, was Waldespracht,
was Buch und Hain mich wiesen;
was Dichtersanges Wundermacht
mir heimlich wollt' erschliessen;
was Rosses Schritt beim Waffenritt,
was Reihentanz bei heit'rem Schanz
mir sinnend gab zu lauschen:
gilt es des Lebens höchsten Preis,
um Sang mir einzutauschen,
zu eignem Wort und eigner Weis'
will einig mir es fliessen,
als Meistersang, ob den ich weiss,
Euch Meistern sich ergiessen.
BECKMESSER
Entnahmt Ihr was der Worte Schwall?
VOGELGESANG
Ei nun, er wagt's!
NACHTIGALL
Merkwürd'ger Fall!
KOTHNER
Nun, Meister, wenn's gefällt,
werd'das Gemerk bestellt. -
zu Walther
Wählt der Herr einen heiligen Stoff?
WALTHER
Was heilig mir, der Liebe Panier
schwing' und sing' ich mir zu Hoff .
KOTHNER
Das gilt uns weltlich. Drum allein,
Meister Beckmesser, schliesst Euch ein!
BECKMESSER
erhebt sich und schreitet wie widerwillig dem Gemerke zu
Ein sau'res Amt, und heut'zumal!
Wohl gibt's mit der Kreide manche Qual.
Er verneigt sich gegen Walther.
Herr Ritter, wisst:
Sixtus Beckmesser Merker ist.
Hier im Gemerk
verrichtet er still sein strenges Werk.
Sieben Fehler gibt er Euch vor,
die merkt er mit Kreide dort an:
wenn er über sieben Fehler verlor,
dann versang der Herr Rittersmann.
Er setzt sich im Gemerk
Gar fein er hört;
doch dass er Euch den Mut nicht stört,
säht Ihr ihm zu, so gibt er Euch Ruh'
und schliesst sich gar hier ein -
lässt Gott Euch befohlen sein.
Er streckt den Kopf höhnisch freundlich nickend heraus und verschwindet hinter dem zugezogenen Vorhange des Gemerks gänzlich
KOTHNER
winkt den Lehrbuben. Zu Walther:
Was Euch zum Liede Richt' und Schnur,
vernehmt nun aus der Tabulatur.
Zwei Lehrbuben haben die an der Wand aufgehängte Tafel der »Leges Tabulaturae« herabgenommen und halten sie Kothner vor; dieser liest daraus:
»Ein jedes Meistergesanges Bar
stell' ordentlich ein Gemässe dar
aus unterschiedlichen Gesätzen,
die keiner soll verletzen.
Ein Gesätz besteht aus zweenen Stollen,
die gleiche Melodei haben sollen;
der Stoll' aus etlicher Vers' Gebänd',
der Vers hat seinen Reim am End'.
Darauf erfolgt der Abgesang,
der sei auch etlich' Verse lang
und hab' sein' besond're Melodei,
als nicht im Stollen zu finden sei.
Derlei Gemässes mehre Baren
soll ein jed'Meisterlied bewahren;
und wer ein neues Lied gericht't,
das über vier der Silben nicht
eingreift in andrer Meister Weis',
dess Lied erwerb' sich Meisterpreis.« -
Er gibt die Tafel den Lehrbuben zurück; diese hängen sie wieder auf
Nun setzt Euch in den Singestuhl!
WALTHER
mit einem Schauer
Hier - in den Stuhl?
KOTHNER
Wie's Brauch der Schul'.
WALTHER
besteigt den Stuhl und setzt sich mit Widerstreben. Beiseite
Für dich, Geliebte, sei's getan!
KOTHNER
sehr laut
Der Sänger sitzt.
BECKMESSER
unsichtbar im Gemerk, sehr grell
Fanget an!
WALTHER
Fanget an!
So rief der Lenz in den Wald,
dass laut es ihn durchhallt;
und wie in fern'ren Wellen
der Hall von dannen flieht,
von weither naht ein Schwellen,
das mächtig näher zieht;
es schwillt und schallt,
es tönt der Wald
von holder Stimmen Gemenge;
nun laut und hell schon nah zur Stell',
wie wächst der Schwall! Wie Glockenhall
ertost des Jubels Gedränge!
Der Wald, wie bald
antwortet er dem Ruf,
der neu ihm Leben schuf,
stimmte an
das süsse Lenzeslied! -
Man hört aus dem Gemerk unnzutige Seufzer des Merkers und heftiges Anstreichen mit der Kreide. Auch Walther hat es gehört; nach kurzer Störung fährt er fort
In einer Dornenhecken,
von Neid und Gram verzehrt,
musst' er sich da verstecken,
der Winter, grimm-bewehrt.
Von dürrem Laub umrauscht
er lauert da und lauscht,
wie er das frohe Singen
zu Schaden könnte bringen. -
Er steht vom Stuhle auf
Doch:
fanget an!
So rief es mir in der Brust,
als noch ich von Liebe nicht wusst'.
Da fühlt' ich's tief sich regen,
als weckt' es mich aus dem Traum;
mein Herz mit bebenden Schlägen
erfüllte des Busens Raum:
das Blut, es wallt mit Allgewalt,
geschwellt von neuem Gefühle;
aus warmer Nacht mit Übermacht
schwillt mir zum Meer der Seufzer Heer
im wilden Wonnegewühle.
Die Brust wie bald
antwortet sie dem Ruf,
der neu ihr Leben schuf;
stimmt nun an
das hehre Liebeslied!
BECKMESSER
den Vorhang aufreissend
Seid Ihr nun fertig?
WALTHER
Wie fraget Ihr?
BECKMESSER
Mit der Tafel ward ich fertig schier.
Er hält die ganz mit Kreidestrichen bedeckte Tafel heraus; die Meister brechen in ein Gelächter aus
WALTHER
Hört doch! Zu meiner Frauen Preis
gelang' ich jetzt erst mit der Weis'.
BECKMESSER
das Gemerk verlassend
Singt, wo Ihr wollt! Hier habt Ihr vertan.
Ihr Meister, schaut die Tafel Euch an:
so lang' ich leb', ward's nicht erhört;
ich glaubt's nicht, wenn Ihr's all auch schwört!
WALTHER
Erlaubt Ihr's, Meister, dass er mich stört?
Blieb ich von allen ungehört?
POGNER
Ein Wort, Herr Merker! Ihr seid gereizt!
BECKMESSER
Sei Merker fortan, wer danach geizt!
Doch dass der Junker hier versungen hat,
beleg' ich erst noch vor der Meister Rat.
Zwar wird's 'ne harte Arbeit sein:
wo beginnen, da wo nicht aus noch ein?
Von falscher Zahl und falschem Gebänd'
schweig' ich schon ganz und gar;
zu kurz, zu lang, wer ein End' da fänd'!
Wer meint hier im Ernst einen Bar?
Auf »blinde Meinung« klag' ich allein:
sagt, konnt' ein Sinn unsinniger sein?
DIE MEISTER
ohne Sachs und Pogner
Man ward nicht klug! Ich muss gestehn.
Ein Ende konnte keiner erseh'n.
BECKMESSER
Und dann die Weis'! Welch tolles Gekreis'
aus »Abenteuer«-, »blau Rittersporn«-Weis',
»hoch Tannen«- und »stolz Jüngling«-Ton!
KOTHNER
Ja, ich verstand gar nichts davon!
BECKMESSER
Kein Absatz wo, kein' Koloratur,
von Melodei auch nicht eine Spur!
ORTEL, dann FOLTZ
Wer nennt das Gesang?
MOSER
Es ward einem bang'!
NACHTIGALL
Ja, 's ward einem bang!
VOGELGESANG
Eitel Ohrgeschinder!
ZORN
Auch gar nichts dahinter!
KOTHNER
Und gar vom Singstuhl ist er gesprungen!
BECKMESSER
Wird erst auf die Fehlerprobe gedrungen?
Oder gleich erklärt, dass er versungen?
SACHS
der vom Beginne an Walther mit wachsendem Ernst zugehört hat, schreitet vor
Halt Meister! Nicht so geeilt!
Nicht jeder Eure Meinung teilt.
Des Ritters Lied und Weise,
sie fand ich neu, doch nicht verwirrt;
verliess er unsre Gleise,
schritt er doch fest und unbeirrt.
Wollt Ihr nach Regeln messen,
was nicht nach Eurer Regeln Lauf,
der eig'nen Spur vergessen,
sucht davon erst die Regeln auf!
BECKMESSER
Aha, schon recht! Nun hört Ihr's doch:
den Stümpern öffnet Sachs ein Loch,
da aus und ein nach Belieben
ihr Wesen leicht sie trieben.
Singet dem Volk auf Markt und Gassen;
hier wird nach den Regeln nur eingelassen!
SACHS
Herr Merker, was doch solch ein Eifer?
Was doch so wenig Ruh'?
Eu'r Urteil, dünkt mich, wäre reifer,
hörtet Ihr besser zu.
Darum, so komm' ich jetzt zum Schluss,
dass den Junker man zu End' hören muss.
BECKMESSER
Der Meister Zunft, die ganze Schul',
gegen den Sachs da sind wir Null.
SACHS
Verhüt' es Gott, was ich begehr',
dass das nicht nach den Gesetzen wär'!
Doch da nun steht geschrieben:
»Der Merker werde so bestellt,
dass weder Hass noch Lieben
das Urteil trübe, das er fällt« -
Geht der nun gar auf Freiersfüssen,
wie sollt' er da die l___ nicht büssen,
den Nebenbuhler auf dem Stuhl
zu schmähen vor der ganzen Schul'?
Walther flammt auf.
NACHTIGALL
Ihr geht zu weit!
KOTHNER
Persönlichkeit!
POGNER
Vermeidet, Meister, Zwist und Streit!
BECKMESSER
Ei, was kümmert doch Meister Sachsen,
auf was für Füssen ich geh?
Liess er doch lieber Sorge sich wachsen,
dass mir nichts drück' die Zeh'!
Doch seit mein Schuster ein grosser Poet,
gar übel es um mein Schuhwerk steht.
Da seht, wie's schlappt und überall klappt!
All seine Vers' und Reim' liess ich ihm gern daheim,
Historien, Spiel' und Schwänke dazu,
brächt' er mir morgen die neuen Schuh'!
SACHS
kratzt sich hinter den Ohren
Ihr mahnt mich da gar recht:
doch schickt sich's, Meister, sprecht,
dass, find' ich selbst dem Eseltreiber
ein Sprüchlein auf die Sohl',
dem hochgelahrten Herrn Stadtschreiber
ich nichts drauf schreiben soll?
Das Sprüchlein, das Eu'r würdig sei,
mit all meiner armen Poeterei
fand ich noch nicht zur Stund';
doch wird's wohl jetzt mir kund,
wenn ich des Ritters Lied gehört:
drum sing' er nun weiter ungestört!
Walther steigt in grosser Aufregung auf den Singstuhl und blickt stehend herab
BECKMESSER
Nicht weiter! Zum Schluss!
ORTEL, MOSER, VOGELGESANG, NACHTIGALL
nacheinander
Genug!
ZORN, EISSLINGER
Zum Schluss!
KOTHNER
Genug! Zum Schluss.
SACHS
zu Walther
Singt dem Herrn Merker zum Verdruss!
BECKMESSER
Was sollte man da noch hören?
Wär's nicht Euch zu betören?
Er holt aus dem Gemerk die Tafel herbei und hält sie während des Folgenden, von einem zum andern sich wendend, zur Prüfung den Meistern vor
WALTHER
Aus finst'rer Dornenhecken
die Eule rauscht' hervor,
tät' rings mit Kreischen wecken
der Raben heis'ren Chor:
BECKMESSER
Jeden Fehler gross und klein
seht genau auf der Tafel ein.
DIE MEISTER
ohne Sachs und Pogner
Jawohl, so ist's!
WALTHER
in nächt'gem Heer zu Hauf
wie krächzen all' da auf
mit ihren Stimmen, den hohlen,
die Elstern, Kräh'n und Dohlen!
BECKMESSER
»Falsch Gebänd«, »unredbare Worte«,
»Klebsilben«, hier »Laster« gar;
DIE MEISTER
ohne Sachs und Pogner
Ich seh' es recht!
Mit dem Herrn Ritter steht es schlecht.
Mag Sachs von ihm halten, was er will,
hier in der Singschul' schweig' er still!
SACHS
beobachtet Walther entzückt
Ha, welch ein Mut!
Begeisterungsglut! -
WALTHER
Auf da steigt
mit gold'nem Flügelpaar
ein Vogel wunderbar:
sein strahlend hell Gefieder
licht in den Lüften blinkt;
BECKMESSER
»Äquivoca«, »Reim am falschen Orte«,
»verkehrt«, »verstellt« der ganze Bar;
ein »Flickgesang« hier zwischen den Stollen;
POGNER
Jawohl, ich seh's, was mir nicht recht:
mit meinem Junker steht es schlecht!
DIE MEISTER
ohne Sachs und Pogner
Bleibt einem jeden doch unbenommen,
wen er sich zum Genossen begehrt!
SACHS
Ihr Meister, schweigt doch und hört!
WALTHER
schwebt selig hin und wider,
zu Flug und Flucht mir winkt.
Es schwillt das Herz
vor süssem Schmerz,
POGNER
Weich' ich hier der Übermacht,
mir ahnet, dass mir's Sorge macht.
DIE MEISTER
ohne Sachs und Pogner
Wär' uns der erste best'willkommen,
was blieben die Meister dann wert?
SACHS
inständig
Hört, wenn Sachs Euch beschwört!
BECKMESSER
»blinde Meinung« allüberall;
SACHS
Herr Merker da, gönnt doch nur Ruh'!
BECKMESSER
»unklare Wort'«, »Differenz«,
hier »Schrollen«,
da »falscher Atem«, hier »Überfall«.
WALTHER
der Not entwachsen Flügel;
es schwingt sich auf
zum kühnen Lauf,
aus der Städte Gruft
zum Flug durch die Luft,
dahin zum heimischen Hügel;
SACHS
Lasst and're hören, gebt das nur zu!
Umsonst! All eitel' Trachten!
Kaum vernimmt man sein eig'nes Wort!
BECKMESSER
Ganz unverständliche Melodei!
Aus allen Tönen ein Mischgebräu!
SACHS
Des Junkers will keiner achten.
Das nenn' ich Mut, singt der noch fort!
POGNER
Wie gern säh' ich ihn angenommen,
WALTHER
dahin zur grünen Vogelweid',
wo Meister Walther einst mich freit';
da sing' ich hell und hehr
der liebsten Frauen Ehr';
DAVID und die LEHRBUBEN
sind von der Bank aufgestanden und nähern sich dem Gemerk, um welches sie einen Ring schliessen und sich zum Reigen ordnen
Glück auf zum Meistersingen,
mögt Ihr Euch das Kränzlein erschwingen!
Sie fassen sich an und tanzen im Ringe immer l___iger um das Gemerk
BECKMESSER
Scheutet Ihr nicht das Ungemach,
Meister, zählt mir die Fehler nach!
DIE MEISTER
ohne Sachs und Pogner
Hei wie sich der Ritter da quält!
POGNER
als Eidam wär' er mir gar wert;
SACHS
Das Herz auf dem rechten Fleck:
ein wahrer Dichter-Reck'!
WALTHER
auf dann steigt,
ob Meister-Kräh'n ihm ungeneigt,
das stolze Minnelied. -
DAVID und die LEHRBUBEN
Das Blumenkränzlein aus Seiden fein
wird das dem Herrn Ritter beschieden sein?
BECKMESSER
Verloren hätt' er schon mit dem acht':
doch so weit wie der hat's noch keiner gebracht!
POGNER
nenn' ich den Sieger jetzt willkommen,
wer weiss, ob ihn mein Kind erwählt?
DIE MEISTER
ohne Sachs und Pogner
Der Sachs hat ihn sich erwählt! -
lachend
Hahaha!
SACHS
Mach' ich, Hans Sachs, wohl Vers' und Schuh',
ist Ritter der und Poet dazu.
DIE MEISTER
ohne Sachs und Pogner
's ist ärgerlich gar!
Drum macht ein End'!
BECKMESSER
Wohl über fünfzig, schlecht gezählt!
Sagt, ob Ihr Euch den zum Meister wählt?
POGNER
Gesteh ich's, dass mich das quält,
ob Eva den Meister wählt!
DIE MEISTER
ohne Sachs und Pogner
Auf, Meister, stimmt
und erhebt die Händ'!
Die Meister erheben die Hände
WALTHER
Ade, Ihr Meister, hienied'!
BECKMESSER
Nun, Meister, kündet's an!
DIE MEISTER
ohne Sachs und Pogner
Versungen und vertan!
Er verlässt mit einer stolzen verächtlichen Gebärde den Stuhl und wendet sich rasch zum Fortgehen.
Alles geht in Aufregung auseinander; l___iger Tumult der Lehrbuben, welche sich des Gemerks des Singstuhls und der Meisterbänke bemächtigen, wodurch Gedränge und Durcheinander der nach dem Ausgange sich wendenden Meister entsteht. Sachs, der allein im Vordergrunde geblieben, blickt noch gedankenvoll nach dem leeren Singestuhl, als die Lehrbuben auch diesen erfassen. Während Sachs mit humoristisch-unmutiger Gebärde sich abwendet, fällt der Vorhang
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